Bibliographic Metadata
- TitleWindelband an die Philosophische Fakultät der Universität Leipzig, Leipzig, 25.7.1872, 2 S., hs. (dt. Schrift), UA Leipzig, PA 1071, Bl. 1r/v
- Creator
- Participants
- Place and Date of Creation
- Series
- Physical LocationUniversitätsarchiv Leipzig
- URN
- Social MediaShare
- Archive
- ▼
Windelband an die Philosophische Fakultät der Universität Leipzig, Leipzig, 25.7.1872, 2 S., hs. (dt. Schrift), UA Leipzig, PA 1071, Bl. 1r/v
Leipzig, den 25. Juli 1872.
An die philosophische Fakultät der Universität Leipzig
richtet der ergebenst Unterzeichnete die Bitte um Gewährung der venia legendi[a][1] für Gegenstände der Philosophie.
Derselbe hat seine erste Bildung auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt Potsdam erhalten und ist zu Ostern 1866 von demselben mit dem Zeugniß der Reife entlassen. Er bezog dann die Universität Jena und hörte daselbst bis zu Michaelis 1867 vorwiegend historische und philosophische Vorlesungen. Während eines darauf folgenden zweijährigen Aufenthalts an der Universität zu Berlin widmete er sich dem Studium der Geschichte der Philosophie und namentlich der Systeme der deutschen Philosophie. In der Erkenntniß, daß eine Entwicklung derselben nur in Verbindung mit der Naturwissenschaft möglich ist, verband er darauf im Winter 1869–1870 diese Studien mit theoretischen und practischen Studien der Physik. Am Ende dieses Semesters promovirte er an der Göttinger Universität auf Grund einer Abhandlung über „Die Lehren vom Zufall“, von welcher er ein Exemplar des im Buchhandel erschienenen unveränderten Abdrucks hier mit dem Diplom beizulegen[2] die Ehre hat. |
Während des folgenden Sommers setzte derselbe seine Studien über die moderne Philosophie fort; in einer seitdem noch nicht vollendeten Arbeit über das Grundproblem derselben wurde er durch den Krieg unterbrochen, in welchem er als einjährig Freiwilliger des preußischen Gardejägerbataillons, später zum ersten Reservejägerbataillon abcommandirt, an den Operationen der Werderʼschen Armee[3] Theil nahm. Nach Ablauf der Dienstzeit und einer längeren Reise[4] nahm er im vergangenen Winter seine Studien zunächst in Berlin, dann in Leipzig wieder auf, indem Erkenntnißtheorie und Psychologie zum besonderen Gegenstand seines wissenschaftlichen Interesseʼs geworden sind: er ist im Begriffe, zu diesem Zwecke sich eingehender mit physiologischen Arbeiten zu beschäftigen.
Die beiliegende psychologisch-erkenntnißtheoretische Studie „über die Gewißheit der Erkenntniß“ beehrt sich derselbe der philosophischen Facultät der Universität zur Approbation[5] vorzulegen.
Die academische Thätigkeit desselben würde sich wesentlich auf die theoretischen Gebiete der Philosophie und in historischer Hinsicht auf die Geschichte der neueren Philosophie beziehen.
Dr. Wilh. Windelband.
Talstraße 15.II
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑Bitte um Gewährung der venia legendi ] gemäß: Regulativ für die Habilitation der Privatdocenten bei der philosophischen Facultät der Universität Leipzig, genehmigt vom königlichen Ministerium des Cultus und öffentlichen Unterrichts am 4. Februar 1870. Leipzig: Druck von Alexander Edelmann, Universitäts-Buchdrucker, § 1 über die Form des Antrags des Kandidaten inklusive des Nachweises einer mindestens dreijährigen Studienzeit (akademisches Triennium) und der Bestätigung, dass das Studienende mindestens 2 Jahre zurückliegt, sowie, dass die Promotion an einer deutschen Universität abgelegt worden ist. Beizulegen ist Doktordiplom und Dissertationsschrift (UA Leipzig, Phil. Fak. A 2/2004 Bd. 2b, 35a).3↑Operationen der Werderʼschen Armee ] das zur Infanterie gehörige preußische Reserve-Jäger-Bataillon unter Befehl von Major Paczinsky-Tenczin (vom 4. Westfälischen Infanterie-Regiment) war am 2.1.1871 zu den Etappentruppen des 14. Armee-Korps unter August von Werder gestoßen. Nach Eroberung Straßburgs seit November 1870 im Kampf um die Festung Belfort engagiert, 15.–17.1.1871 Schlacht an der Lisaine westlich Belfort mit Sieg des 14. Armee-Korps. Vgl. Ludwig Löhlein: Die Operationen des Korps des Generals von Werder. Nach den Akten des General-Kommandos dargestellt. Berlin: Mittler u. Sohn 1874, S. 154 u. 271.5↑zur Approbation ] vgl. das Gutachten von Moritz Drobisch vom 22.9.1872 in der vorliegenden Edition▲