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- TitleArthur Liebert an Vaihinger, Berlin, 7.6.1926, 4 S., Ts. mit eU, Briefkopf Kant-Gesellschaft | Geschäftsführer: | Geh. Reg.-Rat Prof Dr. H. Vaihinger – Halle a. S. | Stellv. Geschäftsführer: | Prof. Dr. Arthur Liebert – Berlin W. 15, Fasanenstr. 48 | Berlin W. 15, d. … 192, Universitätsarchiv Halle-Wittenberg, Rep. 6, Nr. 1862 (Teil II)
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- Physical LocationUniversitätsarchiv Halle-Wittenberg, Rep. 6, Nr. 1862 (Teil II)
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Arthur Liebert an Vaihinger, Berlin, 7.6.1926, 4 S., Ts. mit eU, Briefkopf Kant-Gesellschaft | Geschäftsführer: | Geh. Reg.-Rat Prof Dr. H. Vaihinger – Halle a. S. | Stellv. Geschäftsführer: | Prof. Dr. Arthur Liebert – Berlin W. 15, Fasanenstr. 48 | Berlin W. 15, d. … 192, Universitätsarchiv Halle-Wittenberg, Rep. 6, Nr. 1862 (Teil II)
7. Juni1926
Herrn Geheimrat Professor Dr. Hans Vaihinger, Halle a/Saale Reichardtstr. 15
Mein hochgeehrter, lieber Herr Geheimrat!
Nicht ohne eine gewisse innere Bewegung richte ich diese Zeilen an Sie. Denn dieser Brief bedeutet ja einen gewissen, wenn auch keineswegs endgültigen Abschluss in unseren geschäftlichen und amtlichen Beziehungen, die so viele Jahre hindurch bestanden haben. Es ist mir aber dennoch ein tiefes Bedürfnis, Ihnen diesem Brief zu schreiben. Er soll auch nicht zuletzt der Ausdruck meines wärmsten und unauslöschlichen Dankes für alles das sein, was Sie für mich getan haben. Nachdem jetzt Ihr schon lange gehegter Entschluss, von der Leitung der Kant-Gesellschaft zurückzutreten, Wirklichkeit werden wird[1], blicke ich auf die Jahre unserer gemeinsamen Arbeit zurück. Es war doch, wie ich mit Freude bekenne, eine schöne Zeit harmonischer Verbundenheit. Wir haben viele tausend Briefe miteinander gewechselt, wir haben viele tausend Punkte miteinander verhandelt, nicht selten Dinge von der erheblichsten Bedeutung sowohl für die Kant-Gesellschaft als auch für das allgemeine Geistesleben überhaupt. Wie grossartig haben wir uns immer verstanden! Wie glatt und reibungslos vollzog sich unsere Zusammenarbeit! Wie gross | diese Zusammenarbeit war, das kann kein Aussenstehender auch nur entfernt bemessen und beurteilen. Wir haben aufeinander in allen Fällen Rücksicht genommen, um die bedeutungsvolle Sache, der wir unsere Arbeit widmeten, und der ich auch in Zukunft meine Arbeit gern widmen werde, zu fördern. Ich habe mich oft Ihrer Einsicht und Ihren Wünschen gefügt und habe es gern getan, und auch Sie selber, mein hochverehrter Herr Geheimrat, haben eigentlich nie doktrinär auf die Berücksichtigung Ihrer Wünsche, Ihrer Vorschläge, Ihrer Anweisungen bestanden. Wie oft sind Sie den Vorschlägen Ihres jüngeren Kollegen gefolgt, und wie bereitwillig haben Sie stets meinen Anschauungen, meinen Wünschen, meinen Plänen, meinen Ratschlägen Gehör geschenkt. Ich glaube, dass es nicht zu viel gesagt ist, wenn ich es ausspreche, dass unsere Zusammenarbeit einen vorbildlichen Charakter getragen hat.
Dieses zu bekennen, ist mir ein Herzensbedürfnis. Ich möchte der dringlichen Bitte Ausdruck geben, mir auch in Zukunft zu gestatten, Ihnen hin und wieder über die Entwicklung und das Gedeihen unserer Kant-Gesellschaft berichten zu dürfen. Ich weiss, dass Sie an der Kant-Gesellschaft hängen. Umso mehr freut und beruhigt es mich, dass dieses Ihr Lebens|werk[a] neben Ihrer grossen philosophischen Leistung in so sicherer Weise durch die Verhandlungen am Sonnabend[2] in unserem Verwaltungs-Rat stabilisiert worden ist. Die Kant-Gesellschaft geht nach meiner festen Ueberzeugung einer sicheren und ausgezeichneten Zukunft entgegen. Ich habe noch grosse und sehr weitgehende Pläne, deren wichtigster mir der zu sein scheint, dass wir in ausser-deutschen[b] Ländern der ganzen Welt angesehene Persönlichkeiten zu unseren Vertrauensleuten gleichsam zu unseren auswärtigen Botschaftern und Gesandten machen, die bei unserer Gesellschaft mitarbeiten. Ich denke da zunächst an hervorragende Vertreter ausserdeutscher und aussereuropäischer Universitäten. Dazu brauche ich natürlich geeignete Hilfskräfte von der Art unseres vortrefflichen Mitarbeiters von Glasenapp[3].
Nun will ich, um Sie nicht länger in Anspruch zu nehmen, diesen Brief schliessen, der einer der bedeutungsvollsten ist, die wir ausgetauscht haben.
Nur noch eine ganz kleine geschäftliche Anfrage. Herr Konsul Dr. [Heinrich] Lehmann[4] scheint also[c] seine Wahl als Mitglied unseres Verwaltungs-Rates angenommen zu haben. Sie stellten mir vor einiger Zeit in Aussicht, mir darüber Nachricht zu geben. Herr Dr. [Heinrich] Lehmann hat aber wegen seiner Reise wohl noch nicht geantwortet. Kann ich seinen Vornamen, seine Titel, seine Stellung und seine genaue Adresse erfahren? Ich will ihn in unsere Kartothek[5] eintragen und einige Begrüssungsworte an ihn | richten.
Indem ich Sie bitte, mich Ihrer verehrten Frau Gemahlin bestens zu empfehlen, bleibe ich in herzlichster Dankbarkeit und Verehrung Ihr Ihnen stets gerne und treulich ergebener
Arthur Liebert
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑Wirklichkeit werden wird ] vgl. die in der Akte beiliegende Pressemitteilung (das Zeichen / signalisiert Absatz): Wechsel in der Leitung der Kant-Gesellschaft / Der Begründer und langjährige verdienstvolle erste Geschäftsführer der Kant-Gesellschaft, Geheimrat Professor Dr. Hans Vaihinger, o. ö Professor der Philosophie i. R. an der Universität Halle, wird seines hohen Alters wegen zum 1. Juli sein Amt niederlegen. Zu seinem Nachfolger in der Stellung des Geschäftsführers ist vom Kurator der Universität Halle und vom Verwaltungsrat der Kant-Gesellschaft einstimmig der bisherige stellvertretende Geschäftsführer Professor Dr. Arthur Liebert gewählt worden. Gleichzeitig wurde aus dem Kreise des Verwaltungsrates ein wissenschaftlicher Ausschuß gebildet, der aus den ordentlichen Professoren der Philosophie an der Universität Halle besteht; sein Vorsitzender ist Professor Dr. Paul Menzer. Außerdem hat der Verwaltungsrat beschlossen, Geheimrat Professor Dr. Vaihinger zum Ehrenvorsitzenden der Gesellschaft vorzuschlagen. – Sowie Paul Menzer und Arthur Liebert: Hans Vaihinger und sein Wirken für die Kantgesellschaft. Anläßlich seines Ausscheidens aus der Leitung. In: Kant-Studien 31 (1926), S. 143–145. Datiert Halle und Berlin, im Juli 1926.2↑Verhandlungen am Sonnabend ] vgl. den Sitzungsbericht des Verwaltungsrates vom 5. Juni 1926 (Samstag) in derselben Akte: Es wird beschlossen, die Philosophischen Monatshefte der Kantstudien zum Jahresende einzustellen, um die Ausgaben zu sparen. Vaihinger tritt zum 1. Juli 1926 als Geschäftsführer zurück, als sein Nachfolger wird Arthur Liebert vorgeschlagen. Vaihinger wird zum Ehrenvorsitzenden gewählt.3↑Mitarbeiters von Glasenapp ] gemeint ist wahrscheinlich der Indologe Helmuth von Glasenapp (1891–1963), 1914 in Bonn promoviert, 1918 in Bonn habilitiert, 1920 nach Berlin umhabilitiert, 1928 o. Prof. in Königsberg, 1946–1959 in Tübingen (NDB). Vgl. von Glasenapp: Neue Werke über die Religion und Philosophie des Ostens. In: Kant-Studien 33 (1928), S. 241–246.4↑Herr Konsul Dr. [Heinrich] Lehmann ] die Rede ist von Geh. Kommerzienrat Dr. Heinrich Lehmann (Lebensdaten nicht ermittelt), z. B. in der Mitgliederliste der Kantgesellschaft für 1912 als Dauermitglied aufgeführt (Halle a. S., Burgstraße 46); 1895–1925 Aufsichtsratsvorsitzender der Halle-Hettstedter Eisenbahngesellschaft (vgl. die Geschäftsberichte: http://purl.org/pressemappe20/folder/co/042873 (3.11.2022) sowie die Aktenüberlieferung im Landesarchiv Sachsen-Anhalt: http://recherche.lha.sachsen-anhalt.de/Query/detail.aspx?ID=1638427 (26.9.2024)).5↑unsere Kartothek ] nicht überliefert. Die Mitgliederbestände (außer den Austritten) können aus den regelmäßig in Kant-Studien erscheinenden Listen erschlossen werden.▲