Bibliographic Metadata
- TitlePaul Natorp an Vaihinger, Marburg, 27.12.1919, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 1 b, Nr. 11
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- Place and Date of Creation
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 1 b, Nr. 11
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Paul Natorp an Vaihinger, Marburg, 27.12.1919, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 1 b, Nr. 11
Marburg 27.12.19.
Hochverehrter Herr Kollege!
Soeben habe ich an Dr. Grote[1] ausführlich berichtet[a] und die Noten, soweit es möglich war, geschickt. Das Trio hat zur Zeit noch Pembaur in Leipzig, der Klavierlehrer meiner dort am Konservatorium studierenden Tochter[2]; er wollte es in diesen Ferien ansehen, um es gegebenenfalls an einem Vortragsabend des Kons[ervatoriums] spielen zu lassen[3]. Sobald er sich darüber entschieden hat, werde ich es mir von ihm ausbitten u. sogleich an Dr. Grote schicken lassen.
Das Programm, wie ich es mir vorläufig denke, habe ich Dr. Gr[ote] mitgeteilt. Es kommt noch darauf an, ob die geeigneten Kräfte vorhanden sind, ob der oder die Sänger gerade die von mir vorgeschlagenen Lieder gerne singen oder andere vorziehen würden | u. dergleichen[b]. Ich habe aber Dr. Gr[ote] eine summarische Angabe des Programms, für den Fall, daß es, auch nur im ganzen, dabei bleiben soll, beigelegt, damit er sie gegebenenfalls (baldigst) an Sie weitergibt.[c]
Sie wünschen den Titel des von mir zu haltenden Vortrags[4]. Ich möchte nicht schon im Titel das Persönliche voranstellen, da es sich dem Sachlichen ganz unterordnen soll. So möchte ich etwa vorschlagen: „Die Fortbildung des kritischen Idealismus. Rückblick und Vorblick.“[d] Oder wissen Sie eine bessere Formulierung? Ich möchte allerdings darlegen, wie ich zu meiner heutigen Stellung gelangt bin und wohin ich weiter strebe. Aber das alles ist Fortbildung des kritischen Idealismus; die natürlich mir sich nur so darstellen kann, wie ich selbst sie ansehe, im Rück- und Vorblick | von meinem augenblicklichen Standort aus. (Der Vortrag brauchte am Ende nicht gedruckt zu werden, da ich für Meiners Sammelwerk eine ebensolche Darstellung[5] zu liefern mich verpflichtet habe (die dann sicher noch nicht gedruckt sein wird; ich habe bis 1. Mai Zeit zur Einlieferung des Manuskripts.))[e].
Unser Extraordinariat[6] ist, soviel ich weiß, noch nicht erledigt, wenn auch M. Wundts[f] Berufung allgemein erwartet wird. Liebert auf unsere[g] Liste zu bringen ist mir damals nicht gelungen[7]; ob es diesmal dazu kommt, ist fraglich. Daß er längst zum wenigsten für ein Extraordinariat reif wäre, glaube ich mit Ihnen. Aber es sind eben der Anwärter viele, u. wofür die Fakultät sich gegebenenfalls[h] entscheidet, noch gar nicht abzusehen.
Mit nochmaligem herzlichen Dank für Ihr Bemühen um meine Musik und | mit besten Wünschen zum neuen Jahr
Ihr stets ergebener
P. Natorp
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑an Dr. Grote ] vgl. den Kommentar zu Natorp an Vaihinger vom 17.11.1919. Die Rede ist von Louis Grote (1886–1960), seit 1914 Assistent an der Medizinischen Universitätsklinik in Halle, 1918 habilitiert (https://www.catalogus-professorum-halensis.de/grotelouis.html (25.9.2024)).2↑studierenden Tochter ] d. i. Margarethe Natorp (*29.1.1897), zuletzt Violoconcello-Virtuosin und Musikinstrumentenpädagogin in Marburg (die genealogischen Angaben in NDB verwechseln Natorps Schwestern (?) mit seinen Töchtern, vgl. dagegen Kürschners Deutscher Musiker-Kalender 1954, Sp. 887 sowie https://www.lagis-hessen.de/en/subjects/gsrec/current/1/sn/bio?q=natorp), z. B. für 1918/1919 aufgeführt in der Matrikel des Leipziger Konservatoriums (http://digital.slub-dresden.de/id351464956), u. a. Schülerin von Josef Pembaur (1875–1950), seit 1901 Fachlehrer für Klavier in Leipzig, seit 1912 Prof. (https://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_P/Pembaur_Familie.xml). Margarethe Natorp ist z. B. auf einem Leipziger Vortragsabend vom 24.1.1919 aufgetreten (https://sachsen.digital/werkansicht?tx_dlf%5Bid%5D=20540&cHash=a30ef11204f2cad3ba4d3e4ae61dbb5c (alle Links abgerufen am 25.9.2024)).3↑spielen zu lassen ] am 18.6.1920 gelangte laut Programmzettel des Leipziger Konservatoriums zur Aufführung: Trio für Klavier, Violine und Violoncello e-Moll von Paul Natorp, einstudiert u. a. von Pembaur (https://sachsen.digital/werkansicht?tx_dlf%5Bid%5D=20700&cHash=572acd0fdef95a642f5ba4858917d7a2 (25.9.2024)).4↑Titel des von mir zu haltenden Vortrags ] vgl. den Kommentar zu Natorp an Vaihinger vom 17.11.1919.5↑für Meiners Sammelwerk eine ebensolche Darstellung ] vgl. Raymund Schmidt (Hg.): Die Philosophie der Gegenwart in Selbstdarstellungen Bd. 1. Paul Barth, Erich Becher, Hans Driesch, Karl Joël, A. Meinong, Paul Natorp, Johannes Rehmke, Johannes Volkelt. Mit einer Einführung. Leipzig: Meiner 1921.6↑Unser Extraordinariat ] 1911 hatte Georg Misch die Nachfolge von Hermann Schwarz in Marburg angetreten; nach Mischs Berufung nach Göttingen wurde Max Wundt 1918 dessen Nachfolger, 1920 gefolgt von Nicolai Hartmann (Holzhey: Cohen und Natorp Bd. 1, S. 21; BEdPh).▲