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- TitleVaihinger an Felix Krueger, Bad Steben bei Hof, 29.7.1918, 5 S., Ts. (von anderer Hd. gezeichnet), Universitätsbibliothek Leipzig, https://collections.uni-leipzig.de/item/UBLNachlassWundt_mods_00001144
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Vaihinger an Felix Krueger, Bad Steben bei Hof, 29.7.1918, 5 S., Ts. (von anderer Hd. gezeichnet), Universitätsbibliothek Leipzig, https://collections.uni-leipzig.de/item/UBLNachlassWundt_mods_00001144
Diktat.
Copie. An Krueger
(vertraulich.)
Bad Steben b[ei] Hof i[n] B[ayern];[a] Villa Voigt[1], 29. Juli 1918.
Sehr geehrter Herr College!
Vor einigen Wochen brachten die Zeitungen eine Nachricht[2] über eine neue philosophische Zeitschrift, die von mir in Verbindung mit Dr. Raymund Schmidt[b][3] begründet wird. Diese Nachricht war an sich richtig, aber voreilig und auch inhaltlich nicht ganz zutreffend. Da mir daran liegt, dass gerade Sie über das neue Unternehmen[4] richtig orientiert werden, so gestatte ich mir, Ihnen einen kurzen zweiseitigen Prospekt über die neue Zeitschrift nebst allgemeiner Inhaltsangabe zu übersenden, der aus der soeben erschienenen III. Auflage der „Philosophie des Als Ob“[5] stammt, sowie ein vierseitiges kurzes Programm, das dem 1. Bande der neuen Zeitschrift[6] voran gedruckt werden soll, dessen Wortlaut aber noch nicht definitiv fixiert ist.
Diesem Programm ist ein Zusatz in Maschinenschrift[7] beigelegt, der noch eine wesentliche Erweiterung desselben darstellt.
Aus diesem letzteren Zusatz ersehen Sie, dass es sich dabei um eine neue Idee handelt, nämlich um den Gedanken, zu der Zeitschrift nicht blos Philosophen im engeren Sinne zuzuziehen, sondern auch philosophisch orientierte und philosophisch interessierte Gelehrte aller Fakultäten und aller für die Philosophie besonders bedeutsamer Wissenschaftszweige. Eine Anzahl dieser soll sogleich auf dem Titelblatt der Zeitschrift mitgenannt werden.
Dadurch soll auch äusserlich dem immer mehr sich geltend machenden Tatbestand Ausdruck verliehen werden, dass die Philosophie einerseits mehr als früher die Einzelwissenschaften befruchtet und dass diese andererseits dadurch auch stärker als früher auf die | Philosophie selbst zurückwirken.
Als Vertreter der Theologie ist Professor D. Dr. Karl Heim[c][8] an der evangelischen Fakultät der Universität in Münster gewonnen, der sich durch mehrere philosophische Schriften ausgezeichnet hat, in denen er sich an Avenarius[d] anschliesst. Heim[e] war früher Privatdocent in Halle.
Die juristische Fakultät vertritt Professor Dr. Krückmann[f][9] in Münster[g], der das Problem der juristischen Fiktionen schon bisher in philosophischem Geiste behandelt hat und auch über andere Gebiete der Rechtsphilosophie gearbeitet hat.
Die medicinische Fakultät wird vertreten durch den berühmten Physiologen Abderhalden[h][10] in Halle, der die Wichtigkeit des fiktiven Denkens für das naturwissenschaftliche, das medicinische und speciell das physiologische Forschen mit vollem Bewusstsein erkennt und es selbst in seinen Arbeiten anwendet.
Als Vertreter der Mathematik ist der bekannte Giessener[i] Pasch[j][11] gewonnen, der Altmeister der Axiomatik, der lange vor Hilbert[k][12] über die Grundlagen seiner Wissenschaft bedeutsame Ideen äusserte, und der auch schon mit einer Arbeit für den 2. Band der „Annalen der Philosophie“ beschäftigt ist.
Die unorganischen Naturwissenschaften haben ihren Vertreter in Professor Volkmann[l][13] in Königsberg, der von seinem Spezialgebiet, der Physik aus, wertvolle Beiträge zur Erkenntnistheorie des naturwissenschaftlichen Denkens geliefert hat, die sich zum Teil mit den Gedanken der Philosophie des Als Ob berühren.
Für die organischen Naturwissenschaften ist der Botaniker Hansen[m][14] gewonnen, der sich durch sein grosses Werk über Goethes Metamorphose der Pflanzen ausgezeichnet hat und darin auch schon Goethes Idee der Urpflanze richtig als Fiktion behandelt hat. |
Kunstgeschichte und Aesthetik finden ihren Vertreter in dem Tübinger Konrad[n] Lange[o][15], der in seinem bekannten Werk „Das Wesen der Kunst“ die „bewusste Selbsttäuschung“, also die ästhetische Fiktion als das Hauptprinzip des Kunstschaffens und des Kunstgeniessens[p] dargestellt hat.
Die genannten sieben Fachgelehrten[16] (sämtlich Ordinarien) werden also auf dem Titel der neuen Zeitschrift genannt werden, sozusagen als Paten derselben, respektive als ihre Protektoren, oder wie man das nennen mag.
Die Form dafür[17] wird die übliche sein, also etwa so: „Annalen der Philosophie u. s. w. In Verbindung mit K.[q] Heim, P. Krückmann, E. Abderhalden, M. Pasch, P. Volckmann, A. Hansen, K. Lange u. s. w. u. s. w. herausgegeben von H. Vaihinger[r] und[s] R. Schmidt[t].“
Was nun die Philosophen im eigentlichen Sinne betrifft, so habe ich bis jetzt nur mit[u] einem einzigen deutschen Ordinarius über den Eintritt in diesen Redaktionsausschuss verhandelt, mit Cornelius[v][18] in Frankfurt a. M., der sofort zugesagt hat, zumal er schon vor mir und unabhängig von mir Gedanken geäussert hat, die ganz in das Programm der neuen Zeitschrift hineingehören.[w]
Nun möchte ich mir erlauben an Sie hochgeehrter Herr College die Frage zu richten, ob Sie bereit wären, sich uns anzuschliessen. Es liegt ja natürlich ganz nahe, dass ich mich gerade an Sie wende; haben Sie doch bei der Entstehung der Dissertation von Campbell[x][19] in so umsichtiger und weitschauender Weise schon in derselben Linie gearbeitet, auf welcher die Annalen der Philosophie weitergehen wollen. Ferner legen ich und mit mir mein Mitherausgeber Dr. Raymund Schmidt[y], der ja selbst in Leipzig lebt und | vor Kurzem daselbst magna cum laude promoviert hat, sowie unser in Leipzig lebender Verleger Dr. Felix Meiner[20] naturgemäss einen sehr großen Wert darauf, dass gerade auch ein Philosoph der Leipziger Universität[21] an den Annalen beteiligt sei. Weiterhin ist es von ganz besonderem Werte für die neue Zeitschrift, wenn gerade ein Vertreter der Psychologie, wie sie von Wundt[z] begründet worden ist, an unserer Zeitschrift teilnimmt; spricht doch das Programm ausdrücklich von der ausschlaggebenden Bedeutung der Psychologie für die Weiterbildung der Philosophie. Endlich hat gerade die von Ihnen selbst begründete Entwicklungspsychologie[22], die sich ja schon in der Campbell[aa]’schen Dissertation bewährt hat, eine besondere Bedeutung für die Weiterentwickelung der Philosophie[ab] im Sinne des Programms der „Annalen“.
Ich persönlich würde mich überaus freuen und mich sehr geehrt fühlen, wenn Sie meiner Anregung Folge geben[23] wollten.
Der 1. Band der neuen Zeitschrift erscheint in wenigen Wochen[24] sogleich als Ganzes im Umfang von 45 Bogen. Der II. Band, für den schon sehr viel Material vorliegt, respektive in Aussicht steht, erscheint im Frühjahr 1919.
Sollten Sie über irgendeinen Punkt oder über das Ganze noch weitere Aufklärungen wünschen, so würde mein Mitherausgeber Dr. Raymund Schmidt[ac] in Leipzig-Connewitz[ad], Rossmässlerstrasse 1 a. gerne bereit sein, auf Ihre Aufforderung hin persönlich zu Ihnen zu kommen. Ich kann das selbst jetzt leider nicht tun, da ich von Bad Steben aus nicht nach Leipzig kommen kann, | was ich ja von Halle aus hätte leichter tun können.
Mit collegialer Hochachtung Ihr sehr ergebener
gezeichnet: vaihinger.[ae]
P. S. Nachdem ich diesen Brief diktiert hatte, kam mir der Gedanke, dass es doch richtig sein möchte, auch Herrn Geheimrat Wundt[af] von dem neuen Unternehmen Kenntnis zu geben und so richte ich gleichzeitig an ihn ein Schreiben[25], von dem ich Ihnen eine Abschrift beilege[ag].
Kommentar zum Textbefund
a↑Copie. … (vertraulich.) ] hs. mit brauner Tinte von 2 anderen Händen; An Krueger mit Bleistift geschriebenKommentar der Herausgeber
3↑Raymund Schmidt ] vgl. George Leaman/Gerd Simon: Die Kant-Studien im Dritten Reich (https://www.kant.uni-mainz.de/ks/history/leaman.html, 16.6.2021): Raymund Schmidt, geboren am 17.7.1890, studierte in Leipzig Philosophie, Kunst- und Literaturwissenschaft, promovierte während des 1. Weltkriegs über Kunst, betätigte sich nach Kriegsende als freiberuflicher Schriftsteller, gab philosophische Klassiker (Kant, Lotze, Fichte) sowie die ,,Annalen der Philosophie“ (= ,,Forum philosophicum“) heraus und arbeitete seit 1929 am Reichssender Leipzig. Der Psychologe Hans Volkelt, sein wichtigster Lehrer Hans Vaihinger und der Nobelpreisträger Wilhelm Ostwald verhelfen ihm zu einer USA-Reise. Im Januar 1933 beantragt Schmidt die Aufnahme in die NSDAP. In Leipzig ist er als Blockleiter, Kulturwart, Schulungs- und Propagandaleiter und seit 1936 als ehrenamtlicher Vertrauensmann im Sicherheitsdienst tätig. 1939 wird er zum Obmann der Reichsschrifttumskammer für den Kreis Leipzig ernannt. 1943 erhält er einen Lehrauftrag für Philosophie an der Technischen Hochschule Dresden.4↑das neue Unternehmen ] gemeint ist die Zeitschrift Annalen der Philosophie. Mit besonderer Rücksicht auf die Probleme der Als-Ob-Betrachtung, 1. Jg. 1919.5↑III. Auflage der „Philosophie des Als Ob“ ] vgl. Vaihinger: Die Philosophie des Als Ob. System der theoretischen, praktischen und religiösen Fiktionen der Menschheit auf Grund eines idealistischen Positivismus. Mit einem Anhang über Kant und Nietzsche. 3., durchgesehene Aufl. Leipzig: Meiner 1918. Vorwort datiert: Halle, im Frühjahr 1918.6↑1. Bande der neuen Zeitschrift ] vgl. Annalen der Philosophie etc. 1 (1919), S. III–VI: Programm der Zeitschrift.7↑zweiseitigen Prospekt … vierseitiges kurzes Programm … Zusatz in Maschinenschrift ] vgl. die Beilagen zu Vaihinger an Wundt vom 29.7.19188↑Karl Heim ] (1874–1958), 1907 PD in Halle, seit 1914 o. Prof. in Münster/Westfalen, 1920 in Tübingen (NDB; https://www.catalogus-professorum-halensis.de/heimkarl.html (20.9.2024)).9↑Krückmann ] Paul Krückmann (1866–1943), seit 1902 an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (Bernd Haunfelder: Die Rektoren, Kuratoren und Kanzler der Universität Münster 1826–2016. Münster: Aschendorff 2020, S. 169–170).10↑Abderhalden ] Emil Abderhalden (1877–1950), seit 1911 an der Universität Halle-Wittenberg (NDB; https://www.catalogus-professorum-halensis.de/abderhaldenemil.html (20.9.2024)).14↑Hansen ] Adolph Hansen (1851–1920), seit 1891 o. Prof. an der Universität Gießen, 1901–1902 Rektor (https://www.lagis-hessen.de/pnd/101764308 (20.9.2024)). Vgl. dessen: Goethes Metamorphose der Pflanzen. Geschichte einer botanischen Hypothese. 2 Teile Gießen: Töpelmann 1907.15↑Konrad Lange ] Konrad Lange (1855–1921), seit 1894 in Tübingen (NDB). Vgl. dessen: Das Wesen der Kunst. Grundzüge einer realistischen Kunstlehre. Berlin: Grote 1901, bzw. in 2. Aufl.: Das Wesen der Kunst. Grundzüge einer illusionistischen Kunstlehre. Berlin: Grote 1907 sowie ders.: Die bewußte Selbsttäuschung als Kern des künstlerischen Genusses. Antrittsvorlesung geh. in … Tübingen am 15. Nov. 1894. Leipzig: Veit & Comp. 1895.16↑sieben Fachgelehrten ] in Annalen der Philosophie etc. erschien von den Genannten in Band 1 (1919): Paul Krückmann: Wahrheit und Unwahrheit im Recht (S. 114–190); Band 2 (1921): Moritz Pasch: Die Begründung der Mathematik und die implizite Definition. Ein Zusammenhang mit der Lehre vom Als-Ob (S. 145–162), Ernst Bergmann: Der Begriff der Illusion und des „metaphysischen Wagnisses“ in der Philosophie J.-M. Guyaus (S. 209–240); Band 3 (1923): Pasch: Die Begriffswelt des Mathematikers in der Vorhalle der Geometrie (S. 155–187), Pasch: Der starre Körper in der Geometrie (S. 188–199), Paul Volkmann: Vaihingers Philosophie des Als-Ob und ihre Fiktionen, Hypothesen, Dogmen im Rahmen physikalischer Systematik (S. 329–361), Pasch: Physikalische und mathematische Geometrie (S. 362–374), Krückmann: Fiktionen und Bilder in der Rechtswissenschaft (S. 418–426).17↑Form dafür ] das Titelblatt des ersten Bandes der Zeitschrift lautet: ANNALEN DER PHILOSOPHIE | Mit besonderer Rücksicht auf die | Probleme der Als-Ob-Betrachtung | In Verbindung mit | KARL HEIM, D. theol., Dr. phil., o. Prof. der Theologie an der Universität Münster, PAUL KRÜCKMANN, Dr. jur., Geh. Justizrat, o. Prof. der Rechte an der Universität Münster, EMIL ABDERHALDEN, Dr. med., Dr. phil. h. c., Geh. Medizinalrat, o. Prof. der Physiologie an der Universität Halle – MORITZ PASCH, Dr. phil., Geh. Hofrat, o. Prof. der Mathematik an der Universität Gießen, PAUL VOLKMANN, Dr. phil., Geh. Regierungsrat, o. Prof. der Physik an der Universität Königsberg, ADOLF HANSEN, Dr. phil., Geh. Hofrat, o. Prof. der Botanik an der Universität Gießen, LUDWIG POHLE, Dr. phil., Dr. h. c. der Staatswissenschaften, Geh. Regierungsrat, o. Prof. der Nationalökonomie an der Universität Leipzig, KONRAD LANGE, Dr. phil., o. Prof. der Kunstgeschichte und Ästhetik an der Universität Tübingen – ERICH BECHER, Dr. phil., o. Prof. der Philosophie und Psychologie an der Universität München, ERNST BERGMANN, Dr. phil., a. o. Prof. der Philosophie an der Universität Leipzig, HANS CORNELIUS, Dr. phil., Geh. Regierungsrat, o. Prof. der Philosophie an der Universität Frankfurt, KARL GROOS, Dr. phil., o. Prof. der Philosophie an der Universität Tübingen, KURT KOFFKA, Dr. phil., a. o. Prof. der Philosophie und Psychologie an der Universität Gießen, ARNOLD KOWALEWSKI, Dr. phil., Prof., Privatdozent der Philosophie an der Universität Königsberg | herausgegeben von | HANS VAIHINGER und RAYMUND SCHMIDT | Erster Band | LEIPZIG :: VERLAG VON FELIX MEINER :: 191918↑Cornelius ] Hans Cornelius (1863–1947), seit 1910 o. Prof. der Philosophie an der Akademie für Sozialwissenschaften in Frankfurt am Main (NDB).19↑Dissertation von Campbell ] vgl. Gilbert Whitney Campbell: Fiktives in der Lehre von den Empfindungen. Eine Studie aus dem Problemkreis der „Philosophie des Als Ob“. Mit einem Geleitwort v. H. Vaihinger. Berlin: Reuther & Reichard 1915. Vaihinger schreibt im Geleitwort u. a.: Im Oktober 1913 kam Herr Campbell nach Halle mit einer Empfehlung eines seiner amerikanischen Lehrer, um hier bei mir die „Philosophie des Als Ob“ an der Quelle zu studieren und womöglich über dieselbe hier eine Arbeit zu machen. Er wußte nicht, daß ein schweres Augenleiden mich genötigt hatte, meine Lehrtätigkeit einzustellen, und so wären er und ich in großer Verlegenheit gewesen, wenn nicht ein günstiger Zufall es gefügt hätte, daß mein Kollege Felix Krueger, welcher kurze Zeit vorher als „Austauschprofessor“ in den Vereinigten Staaten gewesen war, die Angelegenheit statt meiner freundlich in die Hand genommen hätte. Dies war ein umso günstigerer Zufall, als Professor Krueger die „Philosophie des Als Ob“ schon genau kannte, und außerdem wußte, daß und warum sie gerade in Amerika ein besonderes Interesse erweckte. In Amerika hatte Professor Günther Jacoby während der 2 Jahre seines dortigen Aufenthalts durch mehrere Vorträge auf die „Philosophie des Als Ob“ aufmerksam gemacht. Dabei hatte er besonders darauf hingewiesen, daß die „Philosophie des Als Ob“ zu dem in den Vereinigten Staaten verbreiteten und viel diskutierten Pragmatismus eine wesentliche Ergänzung, bzw. Korrektur darstellt. Der Pragmatismus lehrt, daß das Kriterium der Wahrheit einer Annahme in deren Bedeutung für das Leben, in deren praktischer Brauchbarkeit zu suchen ist. Die „Philosophie des Als Ob“ lehrt, daß die praktische Brauchbarkeit einer Annahme zwar nicht deren Richtigkeit, deren „Wahrheit“ verbürgt, wohl aber uns veranlassen oder zwingen kann, die betreffende Annahme als Hilfsannahme zu verwenden, deren Falschheit uns zwar bewußt ist, deren Nützlichkeit uns aber trotzdem berechtigt, ja verpflichtet sie festzuhalten und zu gebrauchen. Ich berufe mich hierüber auf den ausführlichen Artikel von Günther Jacoby, „Der amerikanische Pragmatismus und die Philosophie des Als Ob“ in der Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik, Bd. 147, Heft 2, 1912.21↑ein Philosoph der Leipziger Universität ] das Titelblattes des ersten Bandes 1919 (s. o.) weist für Leipzig aus: Ernst Bergmann (1881–1945), seit 1916 ao. Prof. der Philosophie an der Universität Leipzig (https://research.uni-leipzig.de/catalogus-professorum-lipsiensium/leipzig/Bergmann_393/ (20.9.2024)) und den Leipziger o. Prof. (seit 1918) der Nationalökonomie Ludwig Pohle (1869–1926, https://research.uni-leipzig.de/catalogus-professorum-lipsiensium/leipzig/Pohle_117 (20.9.2024)).22↑Entwicklungspsychologie ] vgl. Krueger: Über Entwicklungspsychologie, ihre sachliche und geschichtliche Notwendigkeit. In: Arbeiten zur Entwicklungspsychologie. Leipzig: Engelmann 1915 (Arbeiten zur Entwicklungspsychologie Bd. 1 Heft 1).23↑meiner Anregung Folge geben ] vgl. Krueger an Wundt vom 18.8.1918 (https://collections.uni-leipzig.de/item/UBLNachlassWundt_mods_00000453 (20.9.2024)), S. 2–3: Hier in Leipzig fand ich zwei ausführliche Schreiben von Geh. R. Vaihinger vor. Das eine handelt von dem Plane, die Kant-Gesellschaft und namentlich ihre Tagungen zu einem allgemeinen philosophischen Kongresse auszubauen. Von dem anderen hat Hr. V. Ihnen Abschrift und Erläuterung zugehen lassen. Ich habe heute Herrn V. gebeten, „mit meiner aktiven Teilnahme fürs Erste in keiner Weise rechnen zu wollen. Den beteiligten Gelehrten stehe ich doch, nach Ergebnissen und Methode zu fern, als daß ich eine unmittelbare Arbeitsgemeinschaft für sonderlich fruchtbar halten könnte. … Im Übrigen bin ich mit eigensten wissenschaftlichen Aufgaben so intensiv beschäftigt, daß ich auf Jahre hinaus jeder bloß expansiven oder organisatorischen Tätigkeit ausweichen muß.“ Die gegenwärtige Lage der Philosophie und Psychologie verlangt gewiß nach Sammlung, vielleicht auch nach gegliedertem Zusammenschluß. Aber die „Als-Ob-Be|trachtung“ scheint mir als Grundlage dafür wenig geeignet zu sein. Sie ist doch zu unsolide und andrerseits, gerade im Psychologischen, eklektisch verschwommen. Der reklamefreudige Herr Vaihinger mit seinem nächsten Adjutanten Schmitt [!] sind schwerlich philosophische Führer, wie wir sie jetzt brauchen.24↑erscheint in wenigen Wochen ] zur kriegsbedingten Verzögerung des Erscheinens des 1. Bandes auf Anfang 1919 vgl.: Vorbemerkungen der Redaktion zum ersten Bande. In: Annalen der Philosophie etc. 1 (1919), S. VII.▲