Bibliographic Metadata
- TitleVaihinger an Hans Prager, Halle, 23.3.1917, 2 S., Ts. mit eU, Wienbibliothek im Rathaus, Wien, H.I.N.-131913
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- Physical LocationWienbibliothek im Rathaus, Wien, H.I.N.-131913
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Vaihinger an Hans Prager, Halle, 23.3.1917, 2 S., Ts. mit eU, Wienbibliothek im Rathaus, Wien, H.I.N.-131913
Diktat.
Halle, den 23.3.1917.
Herrn Leutnant Dr. Hans Prager, Wien, XIX, Sieveringerstr. 191.
Sehr geehrter Herr[a] Doktor
Welch schöne Überraschung! Wie herzlich freut es mich, auf diese Weise wieder etwas von Ihnen zu hören[1] und dazu noch etwas so Angenehmes. Nehmen Sie meine herzlichen Glückwünsche entgegen zu Ihrer Kriegstrauung[2]. Möge das Bündnis Ihnen und Ihrer Fräulein Braut Segen bringen für das ganze Leben. Sicher werden Sie auch bei Ihrer künftigen Gemahlin warmes Interesse für Ihre philosophischen Bestrebungen finden, die Sie ja nach dem Kriege gewiss mit frischer Energie aufnehmen werden, und die wohl auch während des Krieges nicht ganz ruhen werden. Offenbar geht es Ihnen auch sonst in jeder Hinsicht gut, sodass ich wohl hoffen darf, auch weiterhin immer gute Nachrichten von Ihnen zu erhalten und Sie einmal wieder hier zu sehen, natürlich dann in Begleitung Ihrer Gattin.
Gleichzeitig sende ich Ihnen als Drucksache die Feldausgabe meiner kleinen Schrift über Nietzsche[3]. Sie kennen die Schrift vielleicht schon aus einer der älteren Auflagen, aber die neue zeitgemässe Ausgabe ist Ihnen vielleicht eine nicht unwillkommene Begleiterin ins Feld.
Wenn ich von mir selbst sprechen darf, so muss ich Ihnen mitteilen, dass ich seit einigen Monaten schwere Widerwärtigkeiten gehabt habe. Der bisherige Redaktör[b] der „Kantstudien“, Prof. Bauch in Jena, hat sich sehr unzweckmässig benommen[4] und hat durch ungeschickte Ausfälle gegen die Juden | unangenehmes Aufsehen gemacht, das führte dann zu seinem Rücktritt von der Redaktion. Es ist ja durchaus nicht zweckmässig, jetzt in dieser schweren Zeit solche Gegensätze aufzureissen und zu erweitern. An Stelle von Prof. Bauch ist der hiesige Professor Dr. Max Frischeisen-Köhler[c] getreten[d] für Abhandlungen und Ergänzungshefte und Dr. Liebert für Rezensionen, Selbstanzeigen und Mitteilungen. Sie werden dies ja[e] wohl auch schon aus dem 4. Heft des Bandes XXI[5] erfahren haben, das soeben zur Versendung gelangt ist. Dieser Redaktionswechsel hat mir sehr viele Widerwärtigkeiten gemacht und wird wohl noch ein böses Nachspiel haben. – Was mag wohl unser Freund Dr. Ewald machen? Kennen Sie seine Adresse? Ich habe längst nichts mehr von ihm erfahren und möchte ihm gerne auch meine Nietzsche Schrift übersenden.
Mit den besten Wünschen und Grüssen, auch an Ihr[f] Fräulein Braut, in alter Freundschaft Ihr ergebener
Vaihinger
P. S. Die „Philosophie des Als Ob“ hat auch während des Krieges grosse Fortschritte gemacht. Sie wird viel gelesen, selbst im Lazarett, im Gefangenenlager, ja sogar im Schützengraben. Vorbereitet wird der erste Band eines Sammelorganes[6] für Abhandlungen, die aus den Anregungen entstanden sind, die die „Philosophie des Als Ob“ gegeben hat. Später darüber mehr[7].
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
2↑Kriegstrauung ] mit Käthe Braun am 29.3.1917, vgl. Renate Heuer, Archiv Bibliographia Judaica (Hg.): Lexikon deutsch-jüdischer Autoren Bd. 21. Nachträge und Gesamtregister. Berlin: de Gruyter 2013, S. 68.3↑Schrift über Nietzsche ] vgl. Vaihinger: Nietzsche als Philosoph. 4., vom Verfasser neu durchgesehene Aufl., Feldausgabe, erstes bis zehntes Tausend. Berlin: Reuther & Reichard 1916.4↑unzweckmässig benommen ] vgl. die sich um den Skandal um Bruno Bauch drehenden Schreiben 1916/1917.5↑aus dem 4. Heft des Bandes XXI ] vgl. Kant-Studien 21 ([1916]/1917), letzte Registerseite am Ende des Jahrgangs (S. 492): Mitteilung betr. Wechsel in der Redaktion der „Kantstudien“.6↑erste Band eines Sammelorganes ] frühe Erwähnung des Zeitschriftenprojekts Vaihingers mit Raymund Schmidt: Annalen der Philosophie. Mit besonderer Rücksicht auf die Probleme der Als Ob-Betrachtung, 1918/1919 ff.▲