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- TitleVaihinger an Hans Prager, Halle, 10.5.1911, 6 S., hs. (andere Hd., mit eU und eigenhändigen Zusätzen), Briefkopf PROF. DR. H. VAIHINGER | Halle a. S., d. … 19 | Reichardtstr. 15., Wienbibliothek im Rathaus, Wien, H.I.N.-131780
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- Physical LocationWienbibliothek im Rathaus, Wien, H.I.N.-131780
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Vaihinger an Hans Prager, Halle, 10.5.1911, 6 S., hs. (andere Hd., mit eU und eigenhändigen Zusätzen), Briefkopf PROF. DR. H. VAIHINGER | Halle a. S., d. … 19 | Reichardtstr. 15., Wienbibliothek im Rathaus, Wien, H.I.N.-131780
10. Mai 1911.
Sehr geehrter Herr!
Die „Frankf[urter]-Zeitung[a]“ hat mir Ihre Besprechung von Rehmke[1] übersendet und mir bei dieser Gelegenheit mitgeteilt, daß ich das Exemplar meines Buches an Sie direkt abgehen lassen soll; es geht heute als Paket an Ihre Adresse ab. Sie werden jedenfalls vom Zollamt benachrichtigt werden, wann das Paket ankommt und müssen dann so freundlich sein, es daselbst abholen zu lassen.
Gleichzeitig ist an folgende Wiener Adressen das Buch gesendet worden:
Mach[2], Höfler, Jerusalem, Reininger, Ewald, Eisler[3];[b] ich schreibe Ihnen dies ausdrücklich, damit Sie orientiert sind darüber, wer das Buch in Wien bekommen hat. |
In der Nummer der „Frankf[urter]-Zeitung[c]“, in welcher Ihre Besprechung von Rehmke enthalten ist, ist auch ein größeres Feuilleton über ein neu erschienenes Buch (Maurenbrecher[4]). Außerdem ist in derselben Nummer an der Spitze der Rezensionen eine Rezension gestellt, welche viel ausführlicher ist, als die nachher folgenden und welche auch mit größeren Lettern gedruckt ist (eine Rezension über ein Buch des Wiener Professors von Arnim[5]); bitte, verlangen Sie mit Rücksicht auf den Umfang und den Inhalt meines Buches mindestens ebensoviel Platz und eine ebenso hervorragende Stelle für Ihre Besprechung. Es ist durchaus nicht[d] zweckmäßig, wenn Sie etwa vor Absendung Ihrer Besprechung darüber mit der Redaktion[e] korrespondieren, denn sonst macht sie Ihnen vielleicht Schwierigkeiten; Sie machen es am besten so, daß Sie Ihre Besprechung fertig stellen in ausführlicher Form und dann der Redaktion zu senden und | den nötigen Platz verlangen – mit Rücksicht auf Umfang und Inhalt des Werkes.
Es wird dann zweckmäßig sein, wenn Sie, wie das bei den beiden genannten Besprechungen von Maurenbrecher und Arnim der Fall ist, gleich von vornherein Ihrem[f] Artikel einen besonderen Titel[6] geben – etwa:
Die Philosophie des Als Ob.
Ein neuer philosophischer Standpunkt.
Von Hans Prager in Wien.
Heute habe ich auch 6 Exemplare Ihres kleinen Artikels über die Florentiner Bibliothek[7] an Sie abgesendet. Daß Sie auf das Honorar verzichten wollen, ist sehr großmütig von Ihnen; ich danke Ihnen dafür im Namen der Kant-Ges[ellschaft]. Wie schon im Jahresbericht für 1910, welcher demnächst gedruckt wird, so werden auch im Jahresbericht für 1911 diejenigen Autoren, welche auf Honorare verzichten, namentlich aufgeführt: wir verwenden | diese Summen dazu, um denjenigen unserer Mitarbeiter, welche es nötig haben, ihr Honorar für kleinere Beiträge so zu erhöhen, daß sich dasselbe mit dem Jahresbeitrag deckt, sodaß sie die Mitgliedschaft sozusagen umsonst haben.
Ihren Aufsatz über Bergson habe ich nicht irgendwo besonders erwähnt gefunden, sondern das betr[effende] Heft zufällig wieder in die Hand bekommen, mich aber dabei nicht[g] mehr erinnert, daß Sie mir den Aufsatz geschickt[8] hatten; das hängt mit meinen schlechten Augen zusammen: Mein Gedächtnis ist, wie die Psychologen sagen, ein[h] Visuelles und da die Gesichtseindrücke schwächer geworden sind, hat sich auch die Erinnerung verflacht.
Das mir freundlichst zugesendete Wiener Studentenbuch, das merkwürdigerweise in Berlin erschienen ist, habe ich mit bestem Dank erhalten; ich werde Ihnen in den nächsten Tagen über Ihren Aufsatz[9] schreiben. Äußerlich | ist[i] mir an demselben dasselbe aufgefallen, was ich schon früher an Ihren Publikationen bemerkte: es ist sehr viel gesperrter Druck darin, Sie unterstreichen sehr viel, zu viel. Dadurch wird nicht der Zweck erreicht, den das Unterstreichen eigentlich haben soll; man erreicht mit dem Unterstreichen nur dann seinen Zweck, wenn man es sehr sparsam anwendet.
Mit großem Interesse habe ich Ihre Besprechung von Rehmke[10] gelesen; ich habe mich wirklich gewundert, wie Sie sich in die abstrakten Gedankengänge dieses abstraktesten aller deutschen Philosophen hineingefunden haben. Ich habe in meiner Jugend auch einmal ein Buch von Rehmke angezeigt[11]: „Die Welt als Begriff“. Der Mann ist überaus scharfsinnig, aber sein Scharfsinn ist überaus unfruchtbar; indessen eine gewisse Neigung der deutschen Philosophie in der Gegenwart kommt dieser | Methode entgegen. Wie Sie es verstanden haben, auf dem knappen Raum, der Ihnen zugewiesen war, den wesentlichen Inhalt wiederzugeben, ist wahrhaft erstaunlich.
Mit besten Grüßen und Wünschen Ihr
H. Vaihinger
Kommentar zum Textbefund
b↑Eisler; ] danach Fußnotenzeichen und -text: Das Buch geht auch an Meinong in Graz, mit dessen Theorie der „Annahmen“ sich meine Lehren teilweise berühren.Kommentar der Herausgeber
4↑Maurenbrecher ] nicht zweifelsfrei zu ermitteln, sowohl Bertold Maurenbrecher als auch Max Maurenbrecher veröffentlichten 1911. – Eine Digitalisierung der Frankfurter Zeitung steht aus (2.6.2022).5↑Buch des Wiener Professors von Arnim ] die Rede ist vermutlich von Hans von Arnim (1859–1931), seit 1900 Prof. für griechische Philologie in Wien (BEdPh). Gemeinte Rezension nicht ermittelt.6↑einen besonderen Titel ] Pragers Rezension titelt: Die Philosophie des Als Ob. Besprochen von Hans Prager (Wien). – Die Rezension von Richard Oehler in Kölnische Zeitung titelt ähnlich wie hier vorgeschlagen, vgl. Vaihinger an Prager vom 23.8.1911.9↑Ihren Aufsatz ] vgl. Prager: Das Philosophieren und die Jugend. In: Vom Studium und vom Studenten. Ein Almanach. Hg. vom Akademischen Verband für Literatur und Musik in Wien. Berlin: Bruno Cassirer 1910 (2 Auflagen 1910), S. 165–170.11↑ein Buch von Rehmke angezeigt ] vgl. Vaihinger: J. Rehmke, Die Welt als Wahrnehmung und Begriff. Eine Erkenntnistheorie. Berlin, G. Reimer, 1880. VIII und 323 S. gr. 8°. M. 5. 638. In: Deutsche Litteraturzeitung 2 (1881), Nr. 11 vom 12.3.1881, Sp. 396–398. – Eine weitere, ungezeichnete Rezension über Rehmkes Buch erschien in: Literarisches Centralblatt, Nr. 14 vom 1.4.1882, Sp. 468 (Autorschaft Vaihingers nicht festgestellt).▲