Bibliographic Metadata
- TitleHeinrich Maier an Vaihinger, Tübingen, 7.3.1909, 5 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 8 b, Nr. 10
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 8 b, Nr. 10
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Heinrich Maier an Vaihinger, Tübingen, 7.3.1909, 5 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 8 b, Nr. 10
Tübingen, 7. März 1909
Gartenstr. 1.
Sehr verehrter Herr Geheimrat!
Besten Dank für Ihren Brief[1] und ebenso für die große Freundlichkeit, dass Sie auch bei diesem Anlass[2] meiner wieder gedenken! Was nun die Sache selbst anlangt, so wäre es mir natürlich eine große Freude und Ehre, wenn die Fakultät diesen Anlaß benutzen würde, erneut auf mich hinzuweisen. Die Regierung | ihrerseits wird ja wohl in der Besetzung solcher Stellen auch insoweit freie Hand behalten wollen, als sie in der Wahl[a] nicht unter allen Umständen auf den Kreis der experimentellen Psychologen wird beschränkt sein wollen. Ich für meine Person wäre ja wohl im stande, einen Teil der Aufgaben zu übernehmen die dem exp[erimentellen] Psychologen, als vielmehr dem Vorstand des exp[erimentellen] psychol[ogischen] Instituts[3],[b] obliegen, oder wenigstens mich in dieselben hineinzuarbeiten. Das ganze Gebiet dagegen könnte ich schwerlich bewältigen, da mir hiezu doch die nötige Schulung fehlt. Ich müßte also für einen | Teil der Aufgaben jedenfalls eine dauernde Hülfe haben. Ob die Regierung hierauf eingehen würde, wer weiß es? Vielleicht würde es dann der Fall, wenn ihr an meiner Person etwas liegen würde. Dass ich das Fach der Psychologie vertreten könnte, brauche ich wohl kaum ausdrücklich zu versichern: das Gebiet der exp[erimentellen] Psychologie deckt sich ja doch nur mit einem nicht allzu großen Gebiet der gesamten Psychologie. Also ich möchte sagen: einen sachlichen Stützpunkt hätte die Hallenser Fakultät schon, wenn sie mich in den Vorschlag aufnehmen wollte. Und ich würde das, wie ich wiederholen möchte, als eine grosse Ehre betrachten. Andrerseits | würde ich es angesichts der Tatsache, dass es an experimentellen Psychologen nicht fehlt, natürlich auch begreifen, wenn die verehrten Herren Kollegen von mir absehen würden.
Was sodann den zweiten Punkt Ihres freundlichen Briefs betrifft, so bin ich keineswegs abgeneigt, eine Selbstanzeige meines Buchs[4] zu verfassen. Aber die Sache liegt für mich vorerst so. Durch ein Unglück, d. h., um konkreter zu reden, durch einen Brand in meinem Studierzimmer bin ich in allerpeinlichster Weise geschädigt worden. Es sind mir viele Manuskripte verbrannt. Und unter den Folgen dieses Unfalls leide ich immer noch und werde | noch lange zu leiden haben. Arbeiten,[c] die ich unter den Händen hatte oder habe, sind ganz oder teilweise verbrannt. Welch schmerzliches Geschäft aber die Wiederherstellung solcher Dinge ist, können Sie sich denken. So bin ich denn auch momentan so ganz von meinem Buch abgelenkt, daß ich zunächst nicht im stande bin, eine Anzeige zu schreiben, ohne[d] in meiner[e] dringendsten Arbeit gestört zu werden. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben!
Mit besten Grüßen Ihr ergebenster
Heinrich Maier
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
2↑bei diesem Anlass ] meint nach dem Folgenden die Nachfolge für den am 26.2.1909 verstorbenen Hallenser Psychologen Hermann Ebbinghaus. Den Ruf erhielt Ernst Meumann, neben ihm waren laut Vaihinger Oswald Külpe und Karl Groos vorgeschlagen, vgl. Vaihinger an Paul Natorp vom 18.3.1909.3↑Vorstand des exp[erimentellen] psychol[ogischen] Instituts ] Hermann Ebbinghaus leitete 1905/1906–1909 die psycho-physische Sammlung, der Vorläufer des Psychologischen Seminars der Universität Halle, vgl. https://www.catalogus-professorum-halensis.de/ebbinghaushermann.html sowie https://www.psych.uni-halle.de/geschichte/ (7.12.2023).4↑Selbstanzeige meines Buchs ] in der Zeitschrift Kant-Studien ist im fraglichen Zeitraum keine Selbstanzeige Maiers erschienen.▲