Bibliographic Metadata
- TitleVaihinger an Paul Natorp, Halle, 21.12.1903, 5 S., hs., Briefkopf PROF. DR. H. VAIHINGER. | Halle a. S., d. … 190 | Reichardtstr. 15., Universitätsbibliothek Marburg, Ms. 831/1076
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- Physical LocationUniversitätsbibliothek Marburg, Ms. 831/1076
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Vaihinger an Paul Natorp, Halle, 21.12.1903, 5 S., hs., Briefkopf PROF. DR. H. VAIHINGER. | Halle a. S., d. … 190 | Reichardtstr. 15., Universitätsbibliothek Marburg, Ms. 831/1076
21.XII.1903
Verehrter Herr College!
Beiliegenden Aufruf[1] sende ich Ihnen nicht, um Sie selbst zu Opfern zu veranlassen, sondern um Sie – bei Ihrem freundlichen Interesse für die K[ant-]St[udien] – auf dem laufenden zu erhalten, insbesondre, weil ich den Aufruf auch an Cohen gleichzeitig sende. Der Aufruf ist einstweilen privatim[a] an Einzelne vertheilt worden, und hat auch schon schöne Früchte getragen; | so hat ein Ihnen und Cohen sehr nahestehender Kantianer, Professor der Philosophie, 300 M übersendet (er will seinen Namen nicht genannt wissen, Sie werden ihn aber vielleicht erraten[2]).
Vielleicht haben Sie die Güte einmal mit Cohen demnächst zu sprechen und ihn zu einem größeren Beitrag[3] zu animiren. Wenn die Freunde der Kantischen Philosophie – ohne Ansehen der verschiedenen abweichenden Richtungen – nicht zusammenstehen, kommt natürlich nichts heraus. Auch das Mini|sterium hat einen Beitrag in Aussicht gestellt, falls sonst etwas Erkleckliches zusammenkommt. Ich rechne dabei weniger auf viele kleine Beiträge als auf wenige größere. Bis jetzt sind 1200 M beisammen.
Das Wichtigste sind für mich Adressen wohlhabender Freunde der Philosophie, welche im Stande sind, etwas zu opfern und größere Summen zu spenden. Wenn Sie in der Lage wären, mir einige solche Adressen zu senden, so wäre der Sache | damit am besten gedient. Es ist ja die Sache aller Freunde der Kantischen Philosophie.
Übrigens ist nun Dr Bauch, nachdem er sich soeben hier habilitiert[4] hat, in die Redaction eingetreten und wird die Zeitschrift, wie ich überzeugt bin, in gutes Fahrwasser bringen. Das Festheft besorge ich noch selbst: es bringt auch einen Beitrag von Staudinger, Kants Bedeutung für die Pädagogik der Gegenwart[5] – d. h. eine Abhandlung für Sie und gegen die Herbartianer.
Ihren „Plato“ hat Görland freundlichst übernommen[6]; das Görlandsche Schriftchen über Sie hat Vorländer übernommen[7].
Mit freundl[ichem] Gruß Ihr ergebner
H. Vaihinger |
P. S.
Hier in Halle sowie auch in Heidelberg, wahrscheinlich auch in Breslau findet eine öffentliche akademische Feier zu Kants hundertjährigem Todestage statt. Hier in Halle hält Riehl die Rede; in Heidelberg Windelband[8].
Wollen Sie nicht auch in Marburg eine Feier[9] veranstalten? Marburg als Hauptsitz einer Richtung der Kantischen Philosophie sollte[b] in erster Linie ebenfalls eine öffentliche Feier veranstalten.
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑Beiliegenden Aufruf ] liegt nicht bei; der Aufruf wurde mehrfach überarbeitet, vgl. Vaihinger an Verlag Georg Reimer vom 17.1.1904 sowie den von der Beilage in Kant-Studien 8 (1903; ohne Seitennummerierung nach dem Inhaltsverzeichnis) mehrfach abweichenden Abdruck des Aufrufs in Vaihinger: An die Freunde der Kantischen Philosophie. Bericht über die Begründung einer „Kantgesellschaft“ und die Errichtung einer „Kantstiftung“ zum hundertjährigen Todestag des Philosophen. In: Kant-Studien 9 (1904), S. 344–350. Beiliegende Fassung nicht ermittelt. Der Abdruck aus Kant-Studien 9 weicht, abgesehen von stilistischen Überarbeitungen, von der Beilage in Kant-Studien 8 wie folgt ab: Die 1. Anm. (Die „Kantstudien“ sind […] 500 Seiten erschienen.) fehlt; als Analoga der Kantgesellschaft werden nicht mehr die Goethe- und die Comenius-Gesellschaft genannt, stattdessen wird allgemeiner auf ähnliche Gesellschaften in Deutschland verwiesen (Nennung der Mind-Association bleibt); der Zweck der Gesellschaft, wissenschaftliche Publikationen zu fördern, wird dahingehend konkretisiert, speciell auch […] Dissertationen zu fördern; der Zweck der Gesellschaft wird erweitert um: Verleihung von Ehrengaben an verdiente Kantforscher, speziell auch von Stipendien an jüngere Gelehrte (Privatdozenten) Kantischer Richtung; für Dauermitgliedschaften wird ein Mindestbeitrag von 25 Mark eingeführt; der Passus: bleibt wider Erwarten der Fonds zu klein, als dass seine Zinsen hinreichen, so kann auch der Fonds selbst zu den Ausgaben mitverwendet werden wird ersetzt durch: das Kapital selbst ist unangreifbar und dieses Stiftungskapital wird dem Curator der Universität Halle zur Verfahrung und Verwaltung übergeben; die Bestimmungen für den Fall einer Einstellung der Zeitschrift Kant-Studien werden geändert; der Zeitpunkt der ersten Generalversammlung wird vom 12.2.1904 auf den 22.4.1904 verschoben; die Liste der Dauer- und Jahresmitglieder wird vom Aufruf getrennt und erweitert bzw. aktualisiert.2↑vielleicht erraten ] Vaihinger führt in Kant-Studien 9 (1904), S. 348 unter den Dauermitgliedern der Kantgesellschaft durch einmaligen Beitrag zur Kantstiftung auf: Ungenannt S. 300 M. – d. i. sehr wahrscheinlich Rudolf Stammler (1856–1938), 1882 ao. Prof. in Marburg, 1884 in Gießen, seit 1885 o. Prof. in Halle (BEdPh).3↑größeren Beitrag ] Cohen findet sich nicht unter den Geldgebern zur Gründung einer Kantgesellschaft.5↑Staudinger, Kants Bedeutung für die Pädagogik der Gegenwart ] In: Kant-Studien 9 (1904), S. 211–245.6↑hat Görland freundlichst übernommen ] vgl. Albert Görland: Natorps Einführung in den Idealismus durch Platos Ideenlehre. In: Kant-Studien 11 (1906), S. 240–247.7↑hat Vorländer übernommen ] vgl. die Doppelrezension von Franz Staudinger: Görland, A. Paul Natorp als Pädagoge. Zugleich mit einem Beitrag zur Bestimmung des Begriffs der Sozialpädagogik. Leipzig, Julius Klinkhardt, 1904. (78 S.) Paul Natorp, Sozialpädagogik. Zweite vermehrte Auflage. Stuttgart, Fr. Frommann, 1904. (XXIV u. 400 S.). In: Kant-Studien 10 (1905), S. 177–181.8↑hält Riehl die Rede; in Heidelberg Windelband ] vgl. Alois Riehl: Immanuel Kant. Rede zur Feier des hundertjährigen Todestages Kants in der Aula der Universität Halle-Wittenberg. Halle/S.: Max Niemeyer 1904; sowie Wilhelm Windelband: Immanuel Kant und seine Weltanschauung. Gedenkrede zur Feier der 100. Wiederkehr seines Todestages, an der Universität Heidelberg. Heidelberg: C. Winter 1904.▲