Bibliographic Metadata
- TitleFriedrich Paulsen an Vaihinger, Steglitz bei Berlin, 6.11.1899, 1 S., hs., Briefkopf FRIEDRICH PAULSEN | STEGLITZ BEI BERLIN, DEN … | FICHTESTR. 31., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 2 c–5
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- Place and Date of Creation
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 2 c–5
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Friedrich Paulsen an Vaihinger, Steglitz bei Berlin, 6.11.1899, 1 S., hs., Briefkopf FRIEDRICH PAULSEN | STEGLITZ BEI BERLIN, DEN … | FICHTESTR. 31., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 2 c–5
6. 11. 99.
Verehrter Herr College!
Ihre freundliche Sendung[1] ist mir ein sehr erfreulicher Zuwachs meiner Kant-Bilder-Sammlung. Ich danke Ihnen vielmals dafür.
Nicht minder erfreulich ist mir, daß Sie m[einen] Kantstudien Ihre Teilnahme erhalten. Vielleicht schicke ich Ihnen über kurz oder lang einen kleinen Aufsatz, worin ich mich mit meinen Kritikern über Kants Verhältnis zur Metaphysik auseinandersetze, Sie[a] selbst darunter[2]. Der letzte Aufsatz von Rickert[3] hat mir einen neuen Anstoß gegeben. Auch Hemans Artikel i[n] der Zeitschr[ift] f[ür] Philos[ophie][4].
Von Berger – Bonn[5] hab ich nichts gehört.
Sehr lieb ist es mir gewesen, daß meine Vermuthung: die schottische Herkunft Kants sei eine Einbildung[6], sobald[b] ihre urkundliche Bestätigung[7] erfahren hat. Mit freundl[ichem] Gruß Ihr ergebenster[c]
Paulsen.
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑Ihre freundliche Sendung ] Inhalt und etwaiger Begleitbrief Vaihingers nicht ermittelt; in der Zeitschrift Kant-Studien war mehrfach auf neu oder wiederaufgefundene Bildnisse Kants hingewiesen worden, die teils auch als Reproduktionen beigegeben wurden, vgl. Kant-Studien 2 ([1897]1898), S. 142, S. 490–491; Kant-Studien 3 ([1898]/1899), S. 255–256.2↑einen kleinen … darunter ] vgl. Paulsen: Kants Verhältnis zur Metaphysik. In: Kant-Studien 4 ([1899]/1900, Heft 3), S. 413–447; vgl. Paulsen an Vaihinger vom 22.11.1899. Später veröffentlichte Paulsen: Kant und die Metaphysik. Ein Versuch, den Leser zum Verstehen zu zwingen. In: Kant-Studien 8 (1903), S. 111–112; vgl. Paulsen an Vaihinger vom 12.3.1903.3↑Der letzte Aufsatz von Rickert ] vgl. Rickert, Heinrich: Fichtes Atheismusstreit und die Kantische Philosophie. Berlin: Reuther & Reichard 1899 (auch abgedruckt in: Kant-Studien 4 ([1899]/1900, Heft 2), S. 137–166; hierauf verweist Paulsen: Kants Verhältnis zur Metaphysik. In: Kant-Studien 4 ([1899]/1900, Heft 3), S. 413–447, hier S. 435–436); vgl. Rickert an Vaihinger vom 22. und vom 30.7.1899. Vgl. zu Planungen zum Aufsatz Rickerts sowie zu einem Rickert vermutlich bekannten früheren Artikel Paulsens zum selben Thema Rickert an Vaihinger vom 20.4.1899.4↑Hemans … Philos ] vgl. Heman, Friedrich: Paulsen’s Kant. In: Zeitschrift für Philosophie und philosophische Kritik 114 (1899), S. 254–282.5↑Berger – Bonn ] Arnold Berger (1862–1948), 1890 an der Universität Bonn für das Fach deutsche Philologie habilitiert, im Wintersemester 1899/1900 PD in Bonn, 1901 ao. Prof. in Kiel, 1902 in Halle, 1905 o. Prof. in Darmstadt, 1933 emeritiert (vgl. https://www.catalogus-professorum-halensis.de/bergerarnolderich.html (12.6.2024); Amtliches Personal-Verzeichniß der Rhein. Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn für das Winter-Halbjahr 1899–1900).6↑meine Vermuthung … Einbildung ] vgl. Paulsen: Immanuel Kant. Sein Leben und seine Lehre. Mit einem Bildnis und einem Briefe Kants aus dem Jahre 1792. Stuttgart: Fr. Frommanns Verlag (E. Hauff) 1898, S. 25–27. Digitalisat: https://archive.org/details/immanuelkantsein00paul/mode/2up (12.6.2024).7↑urkundliche Bestätigung ] Paulsen hatte seine Zweifel an der von Kant berichteten Abstammung aus Schottland zunächst explizit als Vermutung bezeichnet (Paulsen: Immanuel Kant. Sein Leben und seine Lehre. Mit einem Bildnis und einem Briefe Kants aus dem Jahre 1792. Stuttgart: Fr. Frommanns Verlag (E. Hauff) 1898, S. 26, Anm.; ebenso in der 2. u. 3. Aufl. Stuttgart: Frommann 1899, S. 28). In der 4. Aufl. (Stuttgart: Frommann 1904, S. 30–31) gibt sich Paulsen gewiss: Die von mir an dieser Stelle ausgesprochene Vermutung, daß es sich hier nicht um eine sichere Erinnerung, sondern um eine jener in Deutschland so häufigen unbestimmten Familienüberlieferungen von fremdländischer Herkunft handle, hat inzwischen eine urkundliche Bestätigung gefunden, wenigstens insoweit, daß Kants Großvater der Sohn eines ansässigen Ostpreußen war. […] Ich denke, ein Anspruch Schottlands auf Kant wird hiernach nicht mehr aufrecht zu erhalten sein. Eine bloße Hindeutung darauf, daß Hans Kant sich einmal zur reformierten Kirche in Memel gehalten hat, wird gegenüber dem „Krüger und Erbsassen“ in Werden nicht viel Gewicht haben. Vgl. eine Mitteilung aus dem 4. Jg. der Kant-Studien über in der Zeitung Memeler Dampfboot vom 22.9.1899 (Ausgabe nicht ermittelt, wahrscheinlich nicht überliefert; wiederabgedruckt in: Altpreußische Monatsschrift 36 (1899), S. 469–471) mitgeteilte Funde Johannes Sembritzkis (1856–1919, zunächst mit Nachnamen Sembrzycki, Apotheker, 1883/1884 Hg. der Zeitung Mazur, später Veröffentlichungen zur preußischen Landesgeschichte; WBIS), die Paulsens Vermutung nur zum Teil bestätigt: Der Vermerk über die reformierte Kirche deutet darauf, dass Hans Kant [der gemeinte Großvater Kants] reformiert war. Da nun (vgl. „KSt.“ II, 382) in Memel schon vor 1640 eine reformierte Gemeinde bestand, deren Mitglieder Holländer und Schotten waren, so bietet die Urkunde eine, wenn auch nicht unbedingt sichere, Bestätigung der Angabe, dass Kants Familie schottischer Herkunft sei. Kants eigene Meinung freilich, dass sein Grossvater zu denen gehört habe, „die am Ende des vorigen [17.] und am Anfang dieses [18.] Jahrhunderts … emigrierten,“ ist in dieser Form sicher unrichtig. (o. A.: Mitteilungen. Neues über Kants Vorfahren. In: Kant-Studien 4 ([1899]/1900), S. 472–473, hier S. 472; vgl. auch die Berichte zu weiteren Recherchen Sembritzkis u. d. T.: Neue Nachrichten über Kants Großvater. In: Altpreußische Monatsschrift 37 (1900), S. 139–141, sowie den Hinweis hierauf in: Varia. Neue Nachrichten über Kants Grossvater. In: Kant-Studien 5 (1901), S. 272).▲