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- TitleFriedrich Paulsen an Vaihinger, Steglitz bei Berlin, 12.5.1898, 3 S., hs., Briefkopf FRIEDRICH PAULSEN. | STEGLITZ BEI BERLIN | FICHTE-STRASSE 31., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 2 c–18
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 2 c–18
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Friedrich Paulsen an Vaihinger, Steglitz bei Berlin, 12.5.1898, 3 S., hs., Briefkopf FRIEDRICH PAULSEN.[a] | STEGLITZ BEI BERLIN | FICHTE-STRASSE 31., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 2 c–18
12/5 98.
Verehrter Herr College![b]
Für Ihren freundlichen Brief[1] und die liebenswürdige Aufnahme meines Kant[2] danke ich Ihnen herzlich. Auch die Karte aus Rom[3] erfreute mich, alte Erinnerungen u. neue Hoffnungen weckend.
In der That scheint das Interesse für Deutsche Philos[ophie] in Italien[c] im raschen Wachsen zu sein. Ich kann nur nicht viel Italienisch.
Ihren Vorschlag über Kant u. Thomas zu handeln,[4] hab ich in gewisser Weise vorweg genommen; ich hab oben[d] eben über Willmann’s[e] Gesch[ichte] des Idealism Bd. III einen kleinen Aufsatz[5] geschrieben, für ein grösseres, | auch politisches Publicum, nicht ohne diese anmaßliche Behandlung der Dinge scharf zurückzuweisen.
Ob ich nochmals darauf zurückkomme?[f] Ich zweifle daran.[6] Diese ganze neuthomistische Philosophie, u. man müßte doch darauf eingehen, ist mir doch etwas allzu fern. Und auch mit dem alten Thomas bin ich nicht sehr vertraut. Das Thema aber ist gewiß ein sehr zeitgemässiges.[g] Man könnte es wohl auch fassen: Kathol[ischer] u. protestantischer Idealismus, wo dann der griechische Idealismus auf die Seite des protestantisch-modernen,[h] d. h. des autonomistischen Idealismus zu stehen käme. Wäre nicht Eucken dafür der rechte Mann?[7] |
Auch das Iubiläum[i] des ‚Atheismusstreits‘ verdient eine Erinnerung. Vielleicht machen Sie auch Adickes darauf aufmerksam, ich weiß nicht, ob ich dazu komme.[8]
Mit Adickes macht sich die Sache nun wohl zunächst so: er hat von Kiel ein weiteres Jahr Urlaub u.[j] wird Extraordinarius. Königsberg wäre gewiß das Passendste, vielleicht kommt es noch so.[9]
Mit besten Grüssen Ihr ergebenster
Paulsen
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
2↑liebenswürdige Aufnahme meines Kant ] kann aufgrund der Chronologie nicht die von Vaihinger verfasste Rezension aus The Philosophical Review 8 (vom Mai 1899, vgl. die annotierte Bibliographie) meinen (vgl. auch Paulsen an Vaihinger vom 11.6.1899); meint womöglich die Renzension Paul Barths: Paulsen, Fr. Immanuel Kant, Sein Leben und seine Lehre. Mit Bildnis und einem Briefe Kants aus dem Jahre 1792. (Frommanns Klassiker der Philosophie, herausg. von R. Falckenberg VII). XII und 395S. In: Kant-Studien 3(1898/9), S. 223–234.4↑Ihren Vorschlag über Kant u. Thomas zu handeln, ] etwaiges Schreiben Vaihingers nicht ermittelt; einen Artikel zu diesem Thema für die Zeitschrift Kant-Studien verfasste Rudolf Eucken, vgl. Eucken an Vaihinger vom 5.3.1899 sowie Vaihinger an Paulsen vom 23.7.1989; vgl. auch Paulsen: Kant der Philosoph des Protestantismus. In: Kant-Studien 4 ([1899]/1900), S. 1–31.5↑über Willmann’s … Aufsatz ] vgl. Paulsen: Das jüngste Ketzergericht über die moderne Philosophie. In: Deutsche Rundschau 96 (1898), S. 190–203. Digitalisat: https://archive.org/details/deutscherundscha96stutuoft/page/190 (10.10.2023); vgl. Willmann, Otto: Geschichte des Idealismus. Dritter Band. Der Idealismus der Neuzeit. Braunschweig: Friedrich Vieweg und Sohn 1897. Digitalisat: https://hdl.handle.net/2027/mdp.39015059869191 (10.10.2023).6↑Ob ich … zweifle daran. ] vgl. Paulsen an Vaihinger vom 23.7.1898 und vom 3.1.1899 sowie den o. g. Beitrag Paulsens in Kant-Studien 4 ([1899]/1900), S. 1–31.7↑Wäre nicht Eucken dafür der rechte Mann? ] wahrscheinlich forderte Vaihinger Eucken etwa um dieselbe Zeit zur Mitarbeit an den Kant-Studien auf (vgl. Eucken an Vaihinger vom 10.6.1898), die Aufforderung selbst ist nicht überliefert, ihr konkreter Inhalt nicht nachweisbar. Eucken hat im darauffolgenden Frühjahr einen Artikel „Thomas von Aquino und Kant“ […] im Auge (Eucken an Vaihinger vom 5.3.1899, vgl. Eucken an Vaihinger vom 22.6.1900) und wird ihn auch schreiben (vgl. Eucken: Thomas v. Aquino und Kant. Ein Kampf zweier Welten. In: Kant-Studien 6 (1901), S. 1–18).8↑Auch das Iubiläum … ich dazu komme. ] vgl. Paulsen an Vaihinger vom 23.7.1898 sowie Paulsen: J. G. Fichte im Kampf um die Freiheit des philosophischen Denkens. Ein Gedenkblatt. In: Deutsche Rundschau 99 (1899), S. 66–76. Ein etwaiger Hinweis Vaihingers an Adickes ist nicht überliefert. Vaihinger bat – nachdem Paulsen seinen eigenen Artikel als für die Kantstudien doch eigentlich gar nicht geeignet (Paulsen an Vaihinger vom 23.7.1898) befunden hatte – Heinrich Rickert um einen Artikel zum Thema (vgl. Vaihinger an Rickert vom 29.7.1898), in dem Rickert dann Stellung gegen Paulsen bezog (vgl. Rickert: Fichtes Atheismusstreit und die Kantische Philosophie. Eine Säkularbetrachtung. In: Kant-Studien 4 ([1899]/1900), S. 148, Anm. 1, sowie Rickert an Vaihinger vom 21.8.1899).9↑Mit Adickes … kommt es noch so. ] vgl. Paulsen an Vaihinger vom 20.2.1898, Adickes an Vaihinger vom 3.1.1901 sowie Adickes’ eigenen Bericht in: Die Deutsche Philosophie der Gegenwart in Selbstdarstellungen Bd. 2, 1921, S. 25–26, 27 u. 30.▲