Bibliographic Metadata
- TitleHarald Höffding an Vaihinger, Kopenhagen, 23.4.1898, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 3 b, Nr. 3
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 3 b, Nr. 3
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Harald Höffding an Vaihinger, Kopenhagen, 23.4.1898, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 3 b, Nr. 3
Brogade 5.
Kopenhagen b.
d. 23. April 1898
Hochgeehrter Herr[a] Kollege!
Aus Ihrer Anzeige meiner Abhandlung[1] „über die Kontinuität in Kants philosophischem Entwicklungsgange“ sehe ich, dass Sie im zweiten Theil Ihres Kant-Commentars die dort gegebene Auffassung der im Jahre 1769 in Kants Lehre geschehenen[b] Aenderungen entwickelt haben. Meine Artikel im „Archiv“ sind Uebersetzung einer Abhandlung, welche ich am 8. December 1892 der dänischen Societät der Wissenschaften vorlegte. Damals wusste ich nicht, dass der zweite Theil Ihres Commentars erschienen war. Und später haben verschiedene andere Arbeiten und Geschäfte mich daran gehindert, ihn zu studiren. Ich habe[c] so viel von dem ersten Theile gelernt, dass ich mir[d] auch von dem zweiten vielen Genuss verspreche, | besonders da ich sehe, dass wir in mehreren wichtigen Punkten übereinstimmen. Es hat mich besonders gefreut, dass Sie – wie ich – die Bedeutung der Kantischen Lehre hauptsächlich in dem durch Analyse gewonnenen Begriffe der Synthesis finden.
Es folgt von selbst, dass ich, wenn sich dazu Gelegenheit finden sollte, nicht versäumen werde, auf Ihre Priorität in der erwähnten Frage aufmerksam zu machen.
Auch die von Ihnen genannte Dissertation von Förster[2] kenne ich nicht. – Was die Genesis betrifft, glaube ich, dass die von mir ganz kurz angedeutete Verbindung zwischen Kants Geschichtsphilosophie (in der „Idee zu einer allg. Gesch.“[e]) zu der definitiven Form seiner Ethik (Archiv VII, p. 463 f.) einer weitläufigeren Entwickelung werth ist. |
Ueberraschend war mir Ihre Behauptung, dass „die Erinnerung des David Humes“[3] als „Mahnerinnerung“ verstanden werden soll. Ich habe immer den Genitiv als objektiv, nicht als subjektiv genommen. Als Ausländer beuge ich mich Ihrer Autorität – obgleich ich noch einige Zweifel habe. Übrigens lege ich auf die[f] in der Abhandlung hiermit in Verbindung stehende Bemerkung kein grosses Gewicht.
Hochachtungsvoll Ihr ergebenster
Harald Höffding.
Kommentar zum Textbefund
e↑„Idee zu einer allg. Gesch.“ ] aufzulösen: Kant: Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht (1784).Kommentar der Herausgeber
1↑Anzeige meiner Abhandlung ] vgl. Vaihinger: Bericht über die Kantiana für die Jahre 1892 bis 1894. In: Archiv für Geschichte der Philosophie 8 (1895), S. 419–440, hier S. 438–440.2↑Dissertation von Förster ] vgl. Vaihinger: Bericht über die Kantiana für die Jahre 1892 bis 1894. In: Archiv für Geschichte der Philosophie 8 (1895), S. 419–440 u. 513–564; erwähnt auf S. 440, besprochen auf S. 535–537: Förster, Friedrich Wilhelm. Der Entwicklungsgang der Kantischen Ethik bis zur Kr. d. r. V. (Freib. Diss.) Berlin, Mayer u. Müller 1894. 106 SS.▲