Bibliographic Metadata
- TitleKarl Vorländer an Vaihinger, Solingen, 20.2.1897, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 89
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 89
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Karl Vorländer an Vaihinger, Solingen, 20.2.1897, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXIII, 89
Solingen, 20. Febr[uar] 97
Sehr geehrter Herr Professor![a]
Ich habe mit der Antwort gewartet, bis Heft 3/4[1], das ich mit Ihrem Brief[2] hin[b] sofort durch die hies[ige] Buchhandlung requiriert, endlich eintraf, um Ihnen darüber schreiben zu können.
Das[c] Doppelheft ist ja sehr reichhaltig, und ich wüßte nicht, was zu der Mannigfaltigkeit, die Sie bieten, noch hin zu zu fügen wäre. Hoffentlich laufen auch die seiner Zeit in den Prospekten für später in Aussicht gestellten Artikel[3], ferner auch die Berichte[d] über Kant im Auslande (von[e] denen bisher, soviel ich sehe, nur der wenig[f] ertragreiche Spanier[4] sich gemeldet hat) allmählich ein. Mir persönlich müsste es lieber sein, alle Vierteljahr in einem Einzel-Hefte von Kant zu[g] hören, doch Sie werden dafür gute Gründe haben. Mir erscheinen die Literaturberichte[h] sehr instruktiv;[i] so erhalten[j] die ‚Kantstudien‘ einen reicheren Hintergrund und vermeiden[k], wenn ich so sagen darf, „mono|graphischen“ Charakter. Ich möchte sie nicht entbehren, des gleichen d[ie] neu eingeführte „Zeitschriftenschau“, die auf vieles aufmerskam macht, was sonst zerstreut bleibt und einem nicht zu Gesichte kommt (freilich auch von recht verschiedenem Werte ist).[l]
Ich begreife andrerseits, daß alle Gebiete fast[m] allein zu bearbeiten, Ihnen neben aller sonstigen Redaktionsarbeit zu viel werden muß; und ich nehme gern und dankbar, weil[n] meinen[o] eigenen[p] Neigungen entsprechend, Ihr Anerbieten an, einen Teil der Referate rep.[q] Rezensionen[5] zu übernehmen: und zwar, meinen Spezial-Studien und -Interessen gemäß, Ethik mit[r] Religionsphilosophie und Politik (incl[usive][s] sociale Frage). –[t]
Sollten mir kleine[u] Einzelfragen etc. aufstoßen, so will ich gern an die ‚Kantst[udien][v]‘ denken. Selbst-Anzeigen würde ich an Ihrer Stelle nur von denen nehmen, die es wünschen. –[w]
Die Sache mit Kronenbergs Buch habe ich mir überlegt, mich auch mit dem Verfasser in Verbindung gesetzt.[6] Eine zweite Rezension neben der von Herrn Adickes[x][y][7] möchte ich nicht liefern, zumal d[ass] ich es schon im[z] Falle Stammler gethan[8] und außerdem wohl noch eine Selbst-Anzeige[9] in Aussicht steht. Sollte dagegen Herr Ad[ickes] verzichten (was ich zu thun pflege, wenn ich ein Buch zu ungünstig beurtheilen müßte[aa], außer wenn dasselbe,[ab] wie z. B. Plantiko[10], eine Abschlachtung verdient), so würde | ich zur Besprechung bereit sein, in der ich ja event[uell] auf die Einwände von Ad[ickes] eingehen könnte.
Sie danken mir für meine Unterstützung durch die Abhandlungen. Die habe ich im Interesse der Sache unsres alten Kant freudig geleistet und werde es auch ferner gern thun. – Nur will ich Ihnen, im Interesse d[er] Offenherzigkeit, ein[ac] mitunter in mir aufsteigendes Gefühl nicht verhehlen. Ich sehe von[ad] den auf dem Titel als ‚mitwirkend‘ aufgeführten 12 „Fachgenossen“ unter den wirklichen Mitarbeitern (S. 500) nur 3 Namen (Adickes, Creighton, Windelband) wiederkehren, während ich, der nach Ihnen und Adickes an Arbeit und in der Quantität (von der Qualität zu reden, muß ich anderen überlassen) das Meiste geleistet hat, unter jenen Herrn nicht verzeichnet stehe.[11] Ich[ae] bin mir dabei nicht der geringsten persönlichen Eitelkeit bewußt (fast wäre ich wohl schon früher damit gekommen)[af] sondern würde es nur der Sachlichkeit und Gerechtigkeit entsprechend finden, wenn der Dank, den Sie mir wiederholt brieflich ausgesprochen, auch in dieser Außerlichkeit[ag] s[einen] Ausdruck fände.
Schließlich noch eine kleine Bitte. Wenn Sie in d[er] nächsten Zeit zufällig dem Verleger schreiben sollten, bitte ich um einen kleinen Rippenstoß in Sachen Separat[ah]-Abzüge: von mehrern Seiten bin ich schon um m[einen] 2. Artikel[12][ai] gebeten worden.
Mit freundl[ichem] Gruße Ihr ergebener
K. Vorländer.
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
3↑die seiner Zeit … gestellten Artikel ] vgl. die Liste im Prospekt zur Zeitschrift Kant-Studien, das zahlreichen Zeitschriften des Jahrgangs 1896 beigelegt wurde, z. B. in: Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane 11 (1896), (digitale Reproduktion des Exemplars der University Library Princeton: https://www.google.de/books/edition/Zeitschrift_für_Psychologie_und_Physiol/09FLAAAAYAAJ (9.11.2023), nach S. 8.4↑der wenig ertragreiche Spanier ] meint vermutlich Nieto y Serrano, Matías Marqués de Guadalerzas (1813–1902), Mediziner und Philosoph (WBIS; vgl. Lutosławski, W.: Kant in Spanien. In: Kant-Studien 1 ([1896]/1897), S. 217–231, bzw. darin: Anhang: Kant vom Standpunkt eines spanischen Kantianers. [Mit einer Notiz von Nieto y Serrano], S. 229–231).5↑Referate rep. Rezensionen ] Vorländer hatte für die Zeitschrift Kant-Studien bereits rezensiert: H[ermann] Cohen, Einleitung mit kritischem Nachtrag zu Fr[iedrich] Alb[ert] Langes Geschichte des Materialismus in fünfter Auflage. 64 S. Leipzig, J. Badecker. 1896. In: Kant-Studien 1 ([1896]/1897), S. 268–272. Er veröffentlichte danach zunächst mehrere Aufsätze in den Kant-Studien und rezensierte ab Jg. 6 wieder, angefangen mit: E[ugen] Kühnemann, Grundlehren der Philosophie. Studien über Vorsokratiker, Sokrates und Plato. Berlin und Stuttgart. W. Spemann. 1899, (XIII und 478 S.). In: Kant-Studien 6 (1901), S. 87–91.6↑Die Sache … gesetzt. ] meint vermutlich die im Folgenden thematisierte, nicht erschienene Rezension zu Kronenberg, Moritz: Kant. Sein Leben und seine Lehre. München: Beck 1897. Vgl. Kronenberg an Vaihinger vom 19.1. und vom 7.3.1897 sowie Vaihinger an Kronenberg vom 26.7.1897. Schreiben Vorländers an Kronenberg nicht ermittelt.10↑Plantiko ] vgl. die den Vorwurf des Plagiats erhebende Rezension Richard Festers zu: Plantiko, Otto: Rousseaus, Herders und Kants Theorie vom Zukunftsideal der Menschheitsgeschichte. Diss. Greifswald: Julius Abel 1895. In: Kant-Studien 1 ([1896]/1897), S. 125–127.11↑Ich sehe von … nicht verzeichnet stehe. ] vgl. das Titelblatt sowie das Verzeichnis der Mitarbeiter in: Kant-Studien 1 ([1896]/1897), S. 500.12↑2. Artikel ] kann den nach der Chronologie der Hefte der Kant-Studien als zweites erschienenen Artikel Vorländers (Eine Sozialphilosophie auf Kantischer Grundlage. In: Kant-Studien 1 (1896/1897), S. 197–216) oder den zweiten Teil des bereits im vorigen Heft begonnenen, dreiteiligen Artikels Goethes Verhältnis zu Kant in seiner historischen Entwicklung (Teil 2 in: Kant-Studien 1 (1896/1897), S. 325–351) meinen.▲