Bibliographic Metadata
- TitleBartholomäus von Carneri an Vaihinger, Graz, 2.11.1884, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 4 d, Nr. 23
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 4 d, Nr. 23
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Bartholomäus von Carneri an Vaihinger, Graz, 2.11.1884, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXI, 4 d, Nr. 23
Gratz 2. Nov[ember] 1884.
Hochverehrter Herr!
Soeben erhalte ich die Separatabdrücke[1] des mitfolgenden Artikels, und habe das Heft selbst noch nicht in Händen! Es ist mir dies um so komischer, weil schon mit 1. Sept[ember] das regelmäßige Erscheinen wieder hätte aufgenommen werden sollen.
In diesem Monat erscheint meine Besprechung[2] von Du Prel’s neuestem Buch: Philosophie der Mystik. Ich habe mir alle Mühe gegeben, ihn nicht zu ärgern, fürchte aber doch, ihn | etwas zu froissiren. Ich werde Ihnen die Bescherung gleich senden, und ebenso einen im Dez[ember] erscheinenden Aufsatz: die Eleaten[3]. Aber das ist alles nichts. Der kommende Jahrgang wird zwei Stücke bringen, von welchen ich meine, daß sie betreffs meiner Auffassung der Moral entscheidend sind, und dann werde ich Sie um die rücksichtsloseste Beurtheilung bitten. Das Eine heißt: zur Geschichte der Moral[4], das andere ist eine ausführliche Besprechung Leslie Stephen’s[5], den ich[a] auf den Rath Professors Laas gelesen | habe. Meine Ansicht über das Verdienst hat auch er nicht erschüttert – zu diesem Zweck hatte mir ihn Prof. Laas angeraten – aber im Übrigen hat er mich rein bezaubert, u. ich halte sein Buch für das bedeutendste der Neuzeit.
Mein Übel[6] macht mir das Leben ungemein beschwerlich, aber daran bin ich gewöhnt u. darauf kommt’s an. Die Herbstverschlimmerung[7] dauert bis tief in den Winter hinein, die Frühjahrsverschlimmerung bis hoch in den Sommer. | Heute schreibe ich wieder etwas leichter und benütze den Tag zu Correspondenzen. Schreibe ich für mich, so liegt weniger an der leichten Leserlichkeit, denn mein Abschreiber liest mich immer. Schreiben Sie mir ja nicht, wenn Sie kaum die Zeit dazu finden. Ich mache mir daraus bei Ihrer Überbürdung immer ein Gewissen daraus[b].
Mit dem besten Dank für Ihren liebenswürdigen Brief u. der Bitte, mir immer gut zu bleiben, Ihr hochachtungsvoll ergebener
B. Carneri
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
2↑meine Besprechung ] vgl. Carneri: Philosophie der Mystik. In: Kosmos 8 (1884), 15. Bd. von Juli-Dezember, Wissenschaftliche Rundschau, Philosophie, S. 394–399 (datiert Graz, 4. Oktober 1884, ausgegeben am 10.11.1884).3↑die Eleaten ] vgl. Carneri: Die Eleaten. In: Kosmos 9 (1885), 17. Bd. von Juli–Dezember, S. 241–250 (Heft ausgegeben am 15.10.1885).4↑zur Geschichte der Moral ] vgl. Carneri: Zur Geschichte der Moral. In: Kosmos 9 (1885), 16. Bd. von Januar–Juni, S. 1–11 u. 81–92 (Hefte ausgegeben am 10.1.1885 u. 2.3.1885, eigene Datierung: Graz 21. Juli 1884).5↑Besprechung Leslie Stephen’s ] vgl. Carneri: Leslie Stephen und die wissenschaftliche Begründung der Moral. In: Kosmos 9 (1885), 16. Bd. von Januar–Juni, S. 321–338.▲