Bibliographic Metadata
- TitleAnton von Leclair an Vaihinger, Mies (Böhmen), 11.6.1883, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 6 m, Nr. 11
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 6 m, Nr. 11
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Anton von Leclair an Vaihinger, Mies (Böhmen), 11.6.1883, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 6 m, Nr. 11
Mies[a][1] am 11. Juni[b] 1883.
Lieber Freund!
Soeben erhielt ich Ihre[c] höchst erfreuliche Nachricht[2]. Empfangen Sie meinen allerwärmsten u. alleraufrichtigsten Glückwunsch. Ich beneide Sie um die seltene Stimmung, um das Hochgefühl, das in Sie eingezogen sein muss nach der langen Zeit der Prüfungen u. Aufregungen. Wie kam denn das? War’s unerwartet? Ihr Br[ief], den ich am 10. Mai erhalten[3], klang noch sehr trübe u. hatte mich mit wahrem Ingrimm erfüllt. Und Sie hegten doch einige Hoffnungen bezügl[ich] Österreichs[4]? – –
Ihre Postk[arte] sowie eine solche von [F.] Zarncke[5] selbst lege ich Ihnen bei. Zwischen Ihrer Mittheilung[6], die schon vor langer Zeit erfolgte, dass Sie eine | Anzeige meiner „Beitr[äge] z[u] e[iner] monist[ischen] Erkenntnistheorie“[7], welche sich auch über meine früheren Publicationen auslässt, an die Redaction eingeschickt haben, ohne bestimmen zu können, wann dieselbe an die Reihe kommen werde, – zwischen dieser Ihrer Mittheilung[d] u. Zarncke’s lakonischer Karte herrscht ein für mich momentan unversöhnlicher Widerspruch. Es wäre mir recht interessant, seine Lösung zu erfahren. – –
Jetzt werden Sie wohl wieder Ruhe, Sammlung[e] u. Stimmung zu Ihrer großen Arbeit[f][8] gewinnen? Wann können wir den 2. Bd. gewärtigen? – –
Das 3. Heft d[er] Vierteljahrsschrift | wird einen längeren Aufsatz von mir bringen unter dem Titel „Das kategoriale Gepräge des Denkens in seinem Einflusse auf die Probleme der Philosophie, insbesondere der Erkenntnisstheorie[g]“[9]. Ich halte ihn jetzt, d[as] i[st] ein Jahr nach der Abfassung[h] des Haupttheils, für wohlgelungen u. empfehle ihn der Berücksichtigung[i] der in dieser Richtung[j] interessierten Fachmänner.
Nun leben Sie recht wohl, lieber Herr „Professor“, u. schreiben Sie mir nun wieder einmal einen fröhlichen, von „der Menschheit ganzem Jammer“[10] nicht durchwehten[k] Brief. Nochmals gratuliert Ihnen herzlichst Ihr ergebener Freund
Leclair
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
2↑Ihre höchst erfreuliche Nachricht ] etwaiges Schreiben nicht ermittelt; bezieht sich aus dem Zusammenhang auf die Ernennung Vaihingers zum ao. Prof. in Straßburg am 5.6.1883, die in Vaihingers Schreiben an von Leclair vom 5.6.1883 (Beilage zu Vaihinger an Friedrich Zarncke vom 13.6.1883) allerdings nicht erwähnt wird; vgl. auch den Abschnitt Chronik biographischer Daten.4↑Hoffnungen … Österreichs ] etwaiges Schreiben Vaihingers an von Leclair nicht ermittelt. Bezieht sich vermutlich auf einen etwaigen Vorschlag der Philosophischen Fakultät in Graz (von der im Schwäbischen Merkur berichtet wurde), Vaihinger als Nachfolger Riehls zum o. Prof. zu berufen, vgl. Riehl an Vaihinger vom 27.10.1882 sowie den Kommentar zu Vaihinger an Eduard Zeller vom 13.11.1882; vgl. auch von Leclair an Vaihinger vom 24.1.1883.5↑Ihre Postk[arte] sowie eine solche von [F.] Zarncke ] vgl. Vaihinger an von Leclair vom 5.6.1883 (Beilage zu Vaihinger an Friedrich Zarncke vom 13.6.1883); gemeintes Schreiben Zarnckes nicht ermittelt.7↑Anzeige … Erkenntnistheorie“ ] vgl. den Kommentar zu von Leclair an Friedrich Zarncke vom 7.6.1883 (Beilage zu Vaihinger an F. Zarncke vom 13.6.1883).8↑Ihrer groszen Arbt ] meint Vaihingers Projekt eines Kommentars zu Kants Kritik der reinen Vernunft, dessen 1. Bd. 1881/1882 erschienen war. Der 2. Bd. erschien 1892, weitere geplante Bände sind nicht erschienen.9↑Aufsatz … Erkenntnisstheorie“ ] vgl. Leclair, Anton von: Das kategoriale Gepräge des Denkens in seinem Einflusse auf die Probleme der Philosophie, insbesondere der Erkenntnisstheorie. In: Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche Philosophie 7 (1883), 3. H., S. 257–295. Digitalisat: https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k94134c/f4.item (13.5.2024).10↑„der Menschheit ganzem Jammer“ ] Anspielung auf Goethes Faust, Vers 4406: Der Menschheit ganzer Jammer faßt mich an. Vgl. die entsprechende Stelle etwa in Goethe: Faust. Historisch-kritische Edition hg. v. Anne Bohnenkamp, Silke Henke, Jannidis Fotis. Frankfurt/Weimar/Würzburg: ohne Verlag (digitale Edition) 2018: https://www.faustedition.net/print/faust.all1#scene_1.1.25 (6.2.2024).▲