Bibliographic Metadata
- TitleVaihinger an Hermann Siebeck, Straßburg, 24.2.1883, 4 S., hs., Briefentwurf, Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XIII, 8 h, Nr. 3
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XIII, 8 h, Nr. 3
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Vaihinger an Hermann Siebeck, Straßburg, 24.2.1883, 4 S., hs., Briefentwurf, Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XIII, 8 h, Nr. 3
Straßburg 24.II.83.[a]
Verehrtester Herr Professor![b]
Meine Karte[1], auf der ich Ihnen die Gießener Vorschläge mitgetheilt habe, werden Sie seinerzeit erhalten haben. Seit dieser Zeit habe ich über diese Sache nichts mehr gehört; ich weiß nicht einmal, ob die Vorschläge schon bei der Regierung sind. Wenn die Sache der Rangordnung nach[2] geht, so müssen[c] Sie die Stelle erhalten; denn daß Liebmann annehme[3], das scheint mir außerhalb der Wahrscheinlichkeit, obgleich die Gießener | Stelle sehr einträglich sein soll.[d] Liebmann hat 5000 M. Gehalt in Jena; er hat hier lange Jahre bei ziemlich mäßigem Gehalt aushalten müssen, so daß mich sein jetziges Glück herzlich freut, als eine Kompensation, zumal es ihm in Tübingen[4] schlecht erging.
Über Breslau weiß ich nichts Neues. Daß der Katholik Baeumker[e] hingesetzt worden ist, wird Ihnen bekannt sein; das bedeutet wohl auch eine Gehaltsverminderung für den noch zu berufenden evangelischen Professor.
Wie mir Herr Prof. Windelband[5] sagt, haben Sie in der Schweiz eine bestimmte Kündigungsfrist; sollte der Ruf nach Gießen an Sie inner|halb dieser an Sie gelangen, so ließe sich die Schwierigkeit vielleicht dadurch beheben, daß – da Sie die Güte hatten, mir diese Aussicht zu eröffnen, darf ich mir erlauben, davon zu reden – ich für meinen Theil an keine Zeit gebunden bin.
Es hat sich endlich auch der wahre und tiefste Grund herausgestellt, warum die Regierung mich hier nicht befördern will: das von der Facultät vorgeschlagene Extraordinariat soll auf Andringen der Ultramontanen an einen Katholiken vergeben werden. Man hatte schon früher Baeumker ins Auge gefaßt. Es ist offenbar System in diesem Vorgehen; denn nacheinander sind München, Würzburg, Breslau mit kath[olischen] Professoren beglückt worden. |
Schaarschmidt[6] drängt mich sehr[7] wegen einer Besprechung meines Buches, obgleich ich ihm geschrieben habe, daß bei dem jetzigen Änderungszustand Geduld zu üben sei. Sie würden mich sehr verbinden, wenn Sie die Güte haben wollten, mir hierüber etwas mitzutheilen[8].
Daß Zürich nicht wieder besetzt wird, wird Ihnen Herr Prof. Glogau mitgetheilt haben; ich bin ihm für seine freundlichen Bemühungen ungemein verbunden.
Ich gedenke jetzt meine in meinem Commentar versprochenen „Kantstudien“[9] als Zeitschrift in freien Heften zu begründen.
In herzlicher Verehrung Ihr dankbar ergebenster
H. Vaihinger.
Kommentar zum Textbefund
d↑soll. ] danach Fußnotenzeichen und -text (am oberen Seitenrand): Ich hörte, Gehalt sei 4500 Mark, aber große Colleggelder und sonstige Emolumente, im ganzen 6–7000 M.Kommentar der Herausgeber
2↑der Rangordnung nach ] gemeint ist die sog. Anciennität: Siebeck hatte seine erste ordentliche Professur seit 1875 inne (Basel), Liebmann erst seit 1878 (Straßburg, BEdPh).6↑Schaarschmidt ] Karl Schaarschmidt, 1877–1887 Hg. der Zeitschrift Philosophische Monatshefte (BEdPh).9↑versprochenen „Kantstudien“ ] vgl. Vaihinger: Commentar zur Kritik der reinen Vernunft Bd. 1 (1881/1882), S. XIII, Anm. 2.▲