Bibliographic Metadata
- TitleKarl Kehrbach an Vaihinger, Halle, 8.7.1881, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 5 a, Nr. 3
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 5 a, Nr. 3
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Karl Kehrbach an Vaihinger, Halle, 8.7.1881, 4 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 5 a, Nr. 3
Lieber Freund!
Nach Göttingen und Jena habe ich noch nicht reisen können, werde es aber in allernächster Zeit thun und dann Deine Aufträge[1] hoffentlich zu Deiner Zufriedenheit erfüllen. Ulrici[2] habe ich 2 Mal aufgesucht, ihn aber nicht angetroffen. Ob das Recensionsexemplar[3] angekommen, weiß ich nicht.[a] Er wird es mir aber auf jeden Fall zuschicken. Wie steht es nun mit Deinen Wünschen hinsichtlich der kleinen[b] Notizen[4], welche ich machen[c] will? Willst Du die Notizen jetzt alle zu gleicher Zeit, oder ziehst Du Vertheilung auf einen Zeitraum[d] von einigen Monaten vor? Ich halte eine Vertheilung auf mehrere Monate besonders vom buchhändlerischen Standpuncte für sehr gut. Die Aufmerksamkeit wird auf diese Weise | immer wieder von Neuem hervorgerufen. Veit u. Comp[e] wird wol jetzt in Straßburg sein und Dich aufsuchen, wenigstens sprach er davon eine Rundreise an einige deutsche Universitäten zu unternehmen. Ich rathe Dir, Dich recht in Reserve zu halten; sodann[f] vergiß ja nicht für deine in Aussicht gestellten Leistungen[5] eine nicht zu geringe Honorarforderung zu machen.[g]
Auch wenn auf[h] mich die Rede kommen[i] sollte, so vergiß nicht, daß er mein Verleger ist. Veit u. Comp[j] (Credner[6])[k] ist ein Mensch von viel Initiative. Leider steht die Energie des Anregens u. Anfangens in keinem Verhältniß zu der Energie des Fortführens. Da dies[l] so ist, so ergiebt sich für den Autor die Nothwendigkeit, im Contracte recht bindende Stipulationen zu machen.
Vor Allem vergiß nicht in dem Contract zu bemerken, daß innerhalb eines bestimmten Termins nach Ablieferung d[es] Manuscriptes der Druck vollendet sein muß.
Auch in Betreff der Honorarforderung stipulire entweder volle Bezahlung bei | Ablieferung des Manuscriptes (wie [Max] Heinze bei Mittler[7]) oder halbe Bezahlung bei Ablieferung des Manuscriptes[m] und halbe Bezahlung bei Beendigung des Druckes. [Max] Heinze bekommt f[ür] d[en] Bogen 100 Thaler (Ueberweg).[n] Von meiner Herbart-Ausgabe, deren Erscheinen Veit u Comp[o] wohl hinausschiebt,[8] hoffe ich Dir ein Exemplar (12–15 Bände) dediciren zu können. Ich bekomme 6 Freiexemplare. Ueber[p] die[q] übrigen 5[r] Freiexemplare habe ich[s] noch nicht verfügt. Es ist das auch recht schwierig. Ich muss vor Allem Reicke in Königsberg bedenken, der sich wirklich recht aufopfernd der Ausgabe gewidmet hat.
Du versprichst in Deinem Commentar eine Kant-Ausgabe.[9] Ist das auch jetzt noch deine bestimmte Absicht, dieselbe zu veranstalten? Wer Sinn für philosoph[ische] Production hat, der sollte nach meiner Meinung diesen Sinn üben d. h. auf dich übertragen, du thätest[t] besser zu produciren als Editionen zu besorgen.
Indeß, wenn du auf der Verwirklichung dieser Idee einer Ausgabe bestehst, so verzichte ich gern auf das[u] von mir lang gehegte Project einer großen Kant-Ausgabe.[v][10] | Ich werde wahrscheinlich im Herbst nach Leipzig ziehen[11]; um dort lediglich zunächst die[w] Herbart-Ausgabe u. sodann meiner[x] Lebensaufgabe[y] der Edition der[z] Monumenta Germ[anica] paedag[ogica][aa] zu leben[ab]. Habilitiren werde ich mich nicht. Pädagogik ist ein zu aussichtloses[ac] Fach. Aufgefordert hat man mich in neuerer Zeit mehrere Male zur Habilitation. Meine Verhältnisse, obwohl bescheiden, sind doch so, daß ich unabhängig, u. das war von je mein Ideal, leben kann.[ad]
Im Sommer werde ich einige Reisen machen, dabei freilich nicht nach Straßburg kommen, obwohl ich gern einmal eine Zusammenkunft mit Dir hätte. Krohn[12] und Thiele[13] sind a. o. Professoren geworden. Lotze ist gestorben.[14] Wird der Tod des Letzteren nicht einen Schub hervorrufen u. du dabei mit geschubt[ae] werden? Hat Wundt[af] etwa Aussicht?
Schreibe[15] mir also in Betreff meiner Notizen über den Kant-Commentar[ag]. Ich muß nämlich heute an meinen Freund Henzen[ah][16] schreiben, der in der Redaction des ‚deutschen Tageblattes‘ in Berlin sitzt (Musik[ai], Theater) u. will dabei bemerken, daß ich die Notiz hieher[aj] bringe, aber den Termin vorläufig nicht[ak] angeben kann. Mit besten Grüßen Dein[al]
C Kehrbach
Halle a/S d. 8 Juli 1881[am]
Schimmelstraße 15
Kommentar zum Textbefund
d↑es nun mit … einen Zeitraum ] am linken Rd. mit Blaustift angestrichen (der Brief ist in schwarzer Tinte geschrieben)Kommentar der Herausgeber
3↑das Recensionsexemplar ] wahrscheinlich von der kürzlich erschienenen 1. Lieferung von Vaihinger: Commentar zu Kants Kritik der reinen Vernunft. Zum hundertjährigen Jubiläum derselben. Bd. 1. Stuttgart: W. Spemann 1881 [2 Lieferungen 1881/1882]; vgl. Kehrbach an Vaihinger vom 24.3.1883.4↑kleinen Notizen ] vermutlich zur Publikation über Vaihinger: Commentar zu Kants Kritik der reinen Vernunft. Zum hundertjährigen Jubiläum derselben. Bd. 1. Stuttgart: W. Spemann 1881 [2 Lieferungen 1881/1882] in der Zeitung Deutsches Tageblatt (s. u.), nicht ermittelt.5↑deine … Leistungen ] nicht ermittelt; im fraglichen Zeitraum ist keine Publikation Vaihingers im Verlag Veit & Comp. nachgewiesen.6↑Credner ] der Verleger Hermann Heinrich Sophron Credner (1842–1924) erwarb den Verlag Veit & Comp. am 2.1.1876 und führte ihn bis Ende 1910, vgl. Würffel, Reinhard: Lexikon Deutscher Verlage von A–Z. Berlin: Grotesk 2000, S. 917 sowie https://d-nb.info/gnd/132762218 (15.3.2024).7↑Heinze bei Mittler ] Max Heinze gab die 5.–9. Aufl. von Friedrich Ueberwegs Grundriss der Geschichte der Philosophie heraus (BEdPh), der im Verlag E. S. Mittler & Sohn erschien (vgl. Würffel, Reinhard: Lexikon Deutscher Verlage von A–Z. Berlin: Grotesk 2000, S. 575–576).8↑meiner Herbart-Ausgabe … hinausschiebt ] Bd. 1 von Joh. Fr. Herbarts sämmtliche Werke. In chronolgischer Reihenfolge, hg. v. Karl Kehrbach erschien 1882 in Leipzig bei Veit & Comp, Bd. 2 erschien 1885 ebd.; beide erschienen 1887 erneut bei Hermann Beyer & Söhne in Langensalza.9↑Du versprichst … Kant-Ausgabe. ] vgl. Vaihinger: Commentar zu Kants Kritik der reinen Vernunft. Zum hundertjährigen Jubiläum derselben. Bd. 1. Stuttgart: W. Spemann 1881 [2 Lieferungen 1881/1882], S. XII. Vaihinger hat kein Werk Kants herausgegeben.12↑Krohn ] August Krohn (1840–1889), 1881 ao. Prof. in Halle, 1884 o. Prof. in Kiel (vgl. https://www.catalogus-professorum-halensis.de/krohnaugust.html (6.11.2023)).13↑Thiele ] Günther Thiele (1841–1910), 1881 ao. Prof. in Halle, 1882 in Königsberg, 1885 o. Prof. (BEdPh).14↑Lotze ist gestorben. ] am 1.7.1881, nachdem er einige Monate zuvor einen Ruf nach Berlin angenommen hatte (NDB); sein Nachfolger wurde im Wintersemester 1882/1883 Wilhelm Dilthey (BEdPh; vgl. für die entsprechenden Semester: Amtliches Verzeichnis des Personals und der Studirenden der königlichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin).16↑Henzen ] Wilhelm Henzen (1850–1910), Pseudonym Fritz von Sakken, Schriftsteller, 1877–1880 Hg. der Zeitschrift Dramaturgische Blätter, anschließend bis 1882 Theaterkritiker u. Redakteur in Berlin, 1882 Direktor des Stadttheaters Leipzig (abweichend WBIS: Dramaturg ebd.), 1890 Promotion, 1893 Direktor der Genossenschaft Dramatischer Autoren und Komponisten, 1897 Verleihung des Herzogalbertpreises (DBE; WBIS).▲