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- TitleFriedrich Jodl an Vaihinger, München, 7.11.1877, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 4 c, Nr. 1
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- Physical LocationStaats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 4 c, Nr. 1
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Friedrich Jodl an Vaihinger, München, 7.11.1877, 3 S., hs., Staats- und Universitätsbibliothek Bremen, Aut. XXII, 4 c, Nr. 1
München d. 7. Nov[ember] 77.
Geehrter Herr Doctor!
Sie werden einigermaßen erstaunt sein über den neuen Correspondenten – es ist indessen nur Samen, den Sie selbst in München ausgestreut haben, welcher aufzugehen beginnt. Den Vorwurf schnöder Vergeßlichkeit in Betreff des hundertjährigen Todestages D. Humes[a][1], den Sie an jenem Abend bei Prof. Huber[2] aussprachen, nagt heftig an meiner Seele, u. obgleich Sie damals zugleich die Absicht kundgaben[b], die Versäumniß wieder gut zu machen, so weiß ich doch nicht, ob mein eigenes Gewissen sich dabei beruhigen kann. Allein auf alle Fälle gebührt Ihnen die Priorität der Anregung, u. so halte ich es für meine Schuldigkeit, Ihnen das, | was ich meinerseits zur Sühne plane, vorzutragen u. anzufragen, ob es nicht etwa Ihren eigenen Gedanken kreuzt oder antecipirt. Mein Wunsch geht nun einfach dahin, in der Beilage zur Allg[emeinen] Zeitung[c] einen für das größere Publikum bestimmten nicht umfangreichen Artikel erscheinen zu lassen[3], der etwa unter der Überschrift „Spinoza & Hume“ antithetisch den Gegensatz zwischen beiden Denkern, dem großen Systembauer u. dem großen Systemzerstörer zur Anschauung bringen[d], u. daran einige Reflexionen über die Entwicklung unserer modernen Philosophie knüpfen soll, die den[e] Bautrieb mit dem Zerstörungssinn wieder in so wunderlichem Kampfe zeigt. Wenn ich Sie nun damals recht verstanden habe, so dürften diese Ausführungen eine ernstliche Collision mit den von Ihnen gehegten Gedanken nicht herbeiführen. |
Denn Sie gedachten hauptsächlich Herbart’s Beziehungen zu Hume zum Gegenstand der Erörterung zu machen, u. werden wohl auch hinsichtlich der Stelle, an welcher dieselben veröffentlicht werden sollten, vermuthlich an eine philosophische Fachzeitschrift gedacht haben. Ich entsinne mich indeß keiner bestimmten Äußerung über diesen Punkt. – Sollten Sie trotzdem gegen mein Project irgend welche aus der Priorität Ihrer Anregung fließende Einwendung haben, so bitte ich Sie, mich davon zu benachrichtigen. Es versteht sich von selbst, daß dasselbe alsdann sine ira et studio[f] zu den Akten gelegt wird; es würde mich aber freuen wenn Sie mir gestatten wollten, in diesem uns beide nahe berührenden Stoffe mit Ihnen wetteifern zu dürfen.
Mit freundlichem Gruße
Dr. Fr. Jodl.
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
2↑an jenem Abend bei Prof. Huber ] Anlass nicht ermittelt; die Rede ist von Johann Nepomuk Huber (1830–1879), seit 1861 o. Prof. der Philosophie an der Universität München (vgl. Moriz Carrière an Vaihinger vom 15.12.1877).3↑Artikel erscheinen zu lassen ] weder von Friedrich Jodl noch von Vaihinger ist 1877/1878 ein Artikel über Hume nachgewiesen.▲