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- TitleVaihinger an Eduard von Hartmann, Gmunden/Straßburg, 9.8.1877, 4 S., hs., Briefkopf Prägestempel: Monogramm H V in zwei ovalen Medaillons, darüber Blütenkranz, darunter Akanthuslaub, Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Nachlass Eduard von Hartmann
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- Physical LocationWürttembergische Landesbibliothek Stuttgart, Nachlass Eduard von Hartmann
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Vaihinger an Eduard von Hartmann, Gmunden/Straßburg, 9.8.1877, 4 S., hs., Briefkopf Prägestempel: Monogramm H V in zwei ovalen Medaillons, darüber Blütenkranz, darunter Akanthuslaub, Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Nachlass Eduard von Hartmann
Verehrtester Herr Doctor!
Sie werden mich, verehrtester Herr, sowohl für undankbar, als für herzlos halten, daß ich so gar lange eine Antwort ausstehen ließ; allein Sie theilen nur das Loos aller meiner Correspondenten, welche ich für das erste Semester meiner academischen Thätigkeit | bis zu meinem hiesigen Ferienaufenthalt warten lassen[a] mußte.
Den schweren persönlichen Verlust[1], den Sie gerade in Ihrer Lage doppelt fühlen werden, habe ich mit aufrichtiger und inniger Theilnahme vernommen. Mögen Sie in den Augen Ihres reizenden und schönen Kindes[2] für diesen neuen Beweis pessimistischer Stimmung Trost und Entschädigung finden. Die deutsche Philosophie wird den Namen der Dahingeschiedenen stets ehrenvoll erwähnen im Andenken an die schlagfertigen und gewandten Schriften derselben[3]. Ich glaube, daß ein auf die innere | Bildungsgeschichte dieser merkwürdigen Frau eingehender Nekrolog aus Ihrer Feder[4] nicht blos ein allgemeines literarisches, sondern auch ein speciell psychologisches und culturhistorisches Interesse haben würde, und glaube Sie hierzu meinestheils ermuntern und auffordern zu dürfen.
Für die Zusendung Ihrer Schrift über das „Unbewußte“ u. s. w.[5] sage ich Ihnen meinen besten Dank. Eine Besprechung der Schrift[6] hoffe ich in diesen Ferien zu schreiben und werde Ihnen dann seinerzeit die Blätter zu senden. Herrn Professor Schmidt haben Sie, um mit Platos Theätet zu reden, zu stark berannt und sind damit an der Wahrheit vorbeigerannt – natürlich aber[b] nur von | meinem Standpunkt aus. Das ganze Verhältniß Ihrer Ansicht zu der von Lange und neuerdings von Laas vertretenen Anschauungen hoffe ich in der genannten Besprechung kurz scizziren zu können.
Indem ich Sie nochmals um gütige Entschuldigung wegen der langen Verzögerung bitte, zeichne ich Ihr ergebenster
Hans Vaihinger
Gmunden/Straßburg[c] 9/VIII 77
Kommentar zum Textbefund
Kommentar der Herausgeber
1↑schweren persönlichen Verlust ] der Tod von Eduard von Hartmanns Frau Agnes Taubert am 8.5.1877, vgl. Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Briefadeligen Häuser 1 (1907), S. 270 (https://digital.ub.uni-duesseldorf.de/periodical/pageview/1198551; 8.6.2022).3↑Schriften derselben ] vgl. Agnes Taubert: Philosophie gegen naturwissenschaftliche Ueberhebung. Eine Zurechtweisung des Dr. med. Geo. Stiebeling und seiner angeblichen Widerlegung der Hartmann’schen Lehre vom Unbewußten in der Leiblichkeit. Berlin: Duncker 1872; dies.: Der Pessimismus und seine Gegner. Berlin: Duncker 1873.6↑Besprechung der Schrift ] vgl. Vaihinger: Die Naturwissenschaftlichen Grundlagen der Philosophie des Unbewußten. [Oskar Schmidt, Leipzig: F. A. Brockhaus 1877]. In: Das Ausland 50 (1877), Nr. 43 vom 22. Oktober, S. 844–848 (https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11353187?page=310 (1.8.2024)).▲