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- TitleSatzungsentwurf Vaihinger-Schweigger-Stiftung, Notar Werner Schneider für Ehepaar Vaihinger, Halle, vor 25.6.1931, 5 S., Ts.-Durchschlag, am Kopf Stempel Notar | Werner Schneider | Rechtsanwalt | Halle (Saale) | Rathausstraße Nr. 8/9 | Fernruf: 3219., rechts daneben Vorgangsnummer mit Bleistift 2858/31, Universitätsarchiv Halle-Wittenberg, PA 16386 (Personalakte Vaihinger)
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- Physical LocationUniversitätsarchiv Halle-Wittenberg, PA 16386 (Personalakte Vaihinger)
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Satzungsentwurf Vaihinger-Schweigger-Stiftung, Notar Werner Schneider für Ehepaar Vaihinger, Halle, vor 25.6.1931, 5 S., Ts.-Durchschlag, am Kopf Stempel Notar | Werner Schneider | Rechtsanwalt | Halle (Saale) | Rathausstraße Nr. 8/9 | Fernruf: 3219., rechts daneben Vorgangsnummer mit Bleistift 2858/31, Universitätsarchiv Halle-Wittenberg, PA 16386 (Personalakte Vaihinger)
§ 1.
Die Eheleute Geheimer Regierungsrat Professor Dr. Karl Eugen Johannes (genannt Hans) Vaihinger und seine Ehefrau Elisabeth Vaihinger geb. Schweigger, wohnhaft in Halle, Reichardtstr. 15, errichten an der Vereinigten Universität Halle-Wittenberg eine Stiftung, welche die Bezeichnung:
„Vaihinger-Schweigger-Stiftung“[1]
führen soll.
§ 2.
Zu diesem Zwecke wird dem Preussischen Staat (Unterrichtsverwaltung) der grösste Teil des Vermögens der Eheleute Vaihinger übereignet nämlich
a) das in Halle, a. S. Reichardtstr. Nr. 15 belegene Hausgrundstück bebauter Hofraum nebst Vorder- und Hintergarten, Gemarkung Halle Kartenblatt 11, Parzelle 2517/60 von 620 qm, welches im Grundbuche Halle Band 143 Blatt 5091 auf den Namen des Ehemanns Vaihinger schuldenfrei eingetragen ist, wobei bemerkt wird, dass eine Baubeschränkung seit dem Jahre 1894 noch im Grundbuche eingetragen steht;
b) die auf den Namen der Ehefrau Vaihinger auf dem hiesigen Hausgrundstück Henriettenstrasse 5 im Grundbuche von Halle Band 82 Blatt 3143 in Abt. III unter Nr. 2, 3 und 4 eingetragenen Hypothekenforderungen von 3000.- + 1500.- + 1499,18 GM;
c) die nachstehend aufgeführten, bei dem Halleschen Bankverein von Kulisch, Kaempf & Co. deponierten Wertpapiere:[a] |
§ 3.
Die Eheleute Vaihinger behalten sich bis zu ihrem Lebensende die Verwaltung und Nutzniessung an diesem Vermögen vor und tragen, solange sie die Nutzniessung und Verwaltung haben, auch alle Abgaben und Lasten dieses Vermögens.
§ 4.
Alle Aufwendungen aus der Stiftung sollen ausschliesslich aus deren Zinsen und sonstigen Einnahmen bestritten werden.
Der Bestand des Vermögens soll nicht angegriffen, insbesondere soll das Hausgrundstück Reichardtstrasse 15 nur dann veräussert werden dürfen, wenn zwingende Gründe die Veräusserung erforderlich machen. Über das Vorliegen solcher Gründe und Ausnahmen hat die weiter unten genannte Kommission einen ausführlich begründenden Bericht an die Unterrichtsverwaltung in Berlin zu richten. Auf Grund dieses Berichts soll der Minister für Wissenschaft, Kunst[b] und Volksbildung die Entscheidung über einen etwaigen Verkauf treffen.
§ 5.
Das Haus Reichardtstr. 15 hat vier 4 Etagen:
1.) Erdgeschoss (Souterrain) 2.) Hochparterre, 3.) I. Etage, 4.) Mansarde. Im Souterrain befindet sich die Zentralheizung (für Hochparterre und I. Etage) und ausserdem drei kleine Zimmer für den Hausmann, sowie Kellerräume, Waschhaus usw. Im Hochparterre sind drei Zimmer (sowie die Küche usw.). In der I. Etage befinden sich fünf Zimmer (sowie Baderaum). Die Mansarde hat vier Zimmer, davon eines als Wohnküche, ausserdem Trockenboden. Das Haus hat also ausser den drei kleinen Zimmern für den Hausmann im Ganzen zwölf Zimmer. |
Dieses Hausgrundstück soll zu einem ermässigten Mietspreis unter weitgehendster Berücksichtigung persönlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse an einen Dozenten der Universität oder auch an den Direktor der Universitätsbibliothek oder den Universitätsrat oder wenn nötig auch an den Kurator der Universität vermietet werden. Findet sich unter den Dozenten und Universitätsbeamten kein geeigneter Reflektant, so kann das Haus auch an eine sonstige geeignete, möglichst zu der Universität in Beziehung stehende Persönlichkeit vermietet werden; ob zum vollen, ob zu einem ermässigten Preise, liegt in der Hand der Kommission. Über die zum Hause gehörenden Einrichtungsgegenstände (Bilder, Regale usw.) wird eine Liste aufgesetzt und übergeben. Über die Vermietung des Hausgrundstücks und die Person des Mieters soll eine Kommission entscheiden, welche sich aus dem Kurator, dem jeweiligen Rektor und den Fakultätsdekanen zusammensetzt.
§ 6.
Das Vorschlagsrecht für die Verwendung der Stiftungseinnahmen und die Personen, welchen eine Vergünstigung zuteil wird, soll den Leitern des philosophischen, psychologischen und des pädagogischen Seminars zustehen, aber die Entscheidung hat der Kurator der Universität.
§ 7.
Zweck der Stiftung.
Die Stiftung soll in erster Linie der Förderung der philosophischen Wissenschaften in allen ihren Zweigen dienen. Dieser Zweck soll insbesondere erreicht werden:
durch Stipendien an würdige und begabte Studenten resp. Studentinnen, |
durch Beschaffung von Büchern und Zeitschriften für das philosophische, psychologische und pädagogische Seminar,
durch Unterstützung der Drucklegung von wertvollen philosophischen Arbeiten einschliesslich Doktorarbeiten,
durch Gewährung von Beiträgen an Dozenten,
durch sonstige geeignete Massnahmen, jedoch unter Berücksichtigung der folgenden Bestimmung:
§ 8.
Aus den Einkünften, und zwar in erster Linie aus den Einkünften der Wertpapiere ist an den Sohn der Stifter, den am 25.8.1892 geborenen Ingenieur Richard Vaihinger, welcher seit September 1929 wegen Geistesschwäche entmündigt ist, vorweg eine Rente in monatlichen Raten als Unterhalt oder Unterhaltszuschuss zu zahlen, und zwar in der Höhe, dass er auskömmlich zu leben in der Lage ist, wobei die Auslegung des Wortes „auskömmlich“ dem Kurator der Universität endgültig zusteht. Es ist dabei folgendes zu berücksichtigen: Die Unterstützung des genannten Sohnes der Stifter hat in durchaus humaner Weise zu erfolgen. Ihm ist im Bedürfnisfalle ein besonderer Zuschuss zu einem notwendigen Erholungsurlaub zu gewähren. Auch ist mit der Behandlung seiner Zähne, welche nicht gesund sind, nicht ein Kassenarzt, sondern ein guter Spezialarzt zu betrauen, welcher für Ersatzteile bestes Material zu verwenden hat, so dass jedenfalls die Zähne gut funktionieren können.
Für den Fall der Aufnahme des Sohnes der Stifter in eine Heil- oder Pflegeanstalt ist der Kostenbetrag zu entrichten, sowie die notwendigen Ausgaben für Garderobe und für allerlei kleine Ausgaben (Taschengeld). Er soll jedoch keinen Anspruch haben, in einer bevorzugten Klasse verpflegt zu werden. |
Die Aufsicht und Entscheidung über sämtliche Zahlungen, die im Interesse des Sohnes der Stifter erfolgen, soll ausschliesslich dem Kurator der Universität obliegen. Die Pflicht, Zahlungen für den Sohn zu leisten, tritt jedoch erst dann ein, wenn sich der Preussische Staat in dem vollen Genuss der Einnahmen aus dem Stiftungsvermögen befindet.
§ 9.
Das Geschäftsjahr soll vom 1. April bis zum 31. März laufen. Die in einem Geschäftsjahr nicht verwendeten Einkünfte können in den nächsten Geschäftsjahren verbraucht werden.
Der erschienene zu 1), Herr Geheimrat Vaihinger, bevollmächtig hiermit den derzeitigen Kurator der Universität, Herrn Geheimen Oberregierungsrat Dr. Pallat[2], hier, unter Befreiung von der Vorschrift des § 181 BGB, die Ausführung des Vertrages vorzunehmen, insbesondere die Hypothekenübertragung und die Auflassung des zu übereignenden Grundstücks Reichardtstrasse 15 sowie die Übertragung der Wertpapiere[c] an den Preussischen Staat für ihn vorzunehmen und zu bewilligen, dass der Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen werden soll.
§ 10.
Die Kosten und Stempel sowie sämtliche sonstigen Abgaben und Steuern trägt der Preussische Staat (Unterrichtsverwaltung).
Der Wert des Hausgrundstücks Reichardtstr. 15 wird auf 50 000.- RM und der Wert der Wertpapiere auf […][d] angegeben.
§ 11.
Der Inhalt dieser Verhandlung wird erst wirksam, wenn die Stiftung von der zuständigen Stelle des Preussischen Staates angenommen ist. Auch dann erst soll die Übereignung des Vermögens erfolgen.
Kommentar zum Textbefund
c↑sowie die Übertragung der Wertpapiere ] mit Einfügungszeichen mit Bleistift auf den rechten Rd. geschriebenKommentar der Herausgeber
1↑„Vaihinger-Schweigger-Stiftung“ ] die Verhandlungen über die Satzungen der Vaihinger-Schweigger-Stiftung sind dokumentiert von 12.5.1931–25.6.1931 (UAHW PA 16386). Die Absicht zur Gründung hatte Vaihinger bereits am 25.11.1927 und am 13.6.1928 in Schreiben an das Kuratorium der Universität Halle-Wittenberg bekundet.2↑Dr. Pallat ] Ludwig Pallat (1867–1946, https://d-nb.info/gnd/118739042 (1.10.2024)), 1928–1932 Universitätskurator.▲