Bibliographic Metadata
- TitleSatzungen der Kantgesellschaft, Halle, 22.4.1904, 9 S., Ts. mit eU, Universitätsarchiv Halle-Wittenberg, Rep. 6, Nr. 1862 (Teil I)
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- Physical LocationUniversitätsarchiv Halle-Wittenberg, Rep. 6, Nr. 1862 (Teil I)
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Satzungen der Kantgesellschaft, Halle, 22.4.1904, 9 S., Ts. mit eU, Universitätsarchiv Halle-Wittenberg, Rep. 6, Nr. 1862 (Teil I)
Satzungen[a]
der Kantgesellschaft.
Bei Gelegenheit des hundertjährigen Todestages Immanuel Kants – 12. Februar 1904 – hat sich auf Anregung des Professors Dr. Vaihinger-Halle eine Kantgesellschaft gebildet, deren Satzung[1] in der ersten Mitgliederversammlung am 22. April 1904, wie folgt beschlossen worden ist:
§ 1.
Die Kantgesellschaft hat ihren Sitz in Halle a/S. und soll dort ins Vereinsregister eingetragen werden. Sie verfolgt den Zweck, das Studium der Kantischen Philosophie zu fördern und zu verbreiten. Sie will dies erreichen:
a. durch Unterstützung eines der Kantischen Philosophie besonders gewidmeten Organs, zur Zeit der seit 1896 bestehenden philosophischen in zwanglosen Heften erscheinenden Zeitschrift „Kantstudien“.
b. durch andere, zur Förderung und Verbreitung der Kantischen Philosophie geeignete Massregeln, so durch Veranstaltung von Preisausschreiben, durch Unterstützung von Publikationen (eventuell auch von Dissertationen) über Kant und die von ihm ausgehende Lehre, durch Verleihung von Ehrengaben an verdiente Kantforscher, durch Stipendien an jüngere Gelehrte (insbesondere an Privatdozenten) Kantischer Richtung oder verwandter Richtungen und dergleichen. Sollte es jemals an wissenschaftlichen Bestrebungen Kantischer oder verwandter Richtung fehlen, so können die Mittel auch zur Förderung und Unterstützung der Philosophie und ihrer Vertreter im allgemeinen verwendet werden.[b] |
§ 2.
Die Unterstützung der jeweils als Vereinsorgan dienenden Zeitschrift erfolgt in erster Linie durch Bereitstellung von Mitteln zur Gewinnung tüchtiger Mitarbeiter und zur Beschaffung sonstiger geeigneter Beiträge. Je nach Umständen kann die Unterstützung der Zeitschrift in anderer Art erfolgen. Die Zeitschrift erhält auf dem Titel den Zusatz „mit Unterstützung der Kantgesellschaft herausgegeben“. Den hierauf bezüglichen Vertrag mit dem betreffenden Verlage der Zeitschrift schliesst die Gesellschaft ab.
§ 3.
Die Verwendung der vorhandenen Mittel zu den in § 1 Abs[atz] a sowie in § 2 genannten Zwecken ist Aufgabe der Redaktion der Zeitschrift. Sie untersteht in dieser Hinsicht der Aufsicht des Verwaltungs-Ausschusses und hat demselben auf Verlangen jederzeit, insbesondere aber nach dem Abschluss eines jeden Bandes der Zeitschrift über die statutengemässe Verwendung der Mittel Rechenschaft abzulegen. Die Redaktion stellt am Anfang jedes Kalenderjahres einen Ueberschlag über die voraussichtlichen notwendigen Ausgaben auf, legt diesen Überschlag dem Verwaltungs-Ausschuss zur Prüfung und Genehmigung vor, welcher die Herausgeber der Zeitschrift bei seiner Beschlussfassung mit Stimmberechtigung zuzieht. Hierauf empfängt die Redaktion durch die Hand des Geschäftsführers die für ihre Zwecke bewilligten Mittel. Etwa später notwendige Aenderungen des Voranschlages werden hierdurch nicht ausgeschlossen.
§ 4.
Ueber die Verwendung der noch übrigen verfügbaren Mittel zu den im § 1 Abs[atz] b genannten Zwecken beschliesst der | Vorstand in einer Sitzung, zu der auch die ortsanwesenden Herausgeber der Zeitschrift mit beratender Stimme eingeladen werden. Sind die Herausgeber nicht ortsanwesend, so ist ihnen der Tag der Sitzung mitzuteilen, damit sie ihre Meinung über die Verwendung des Restes der Mittel dem Vorstand schriftlich mitteilen können.
Es kann aber auch der Rest der verfügbaren Mittel zur Erhöhung des als Kantstiftung bezeichneten Kapitals (§ 12) verwendet werden.
§ 5.
Organe der Gesellschaft sind
der Verwaltungs-Ausschuss,
der Geschäftsführer und
der Kassenführer, falls ein solcher bestellt werden sollte (§ 6), welche gemeinschaftlich den Vorstand bilden, sowie die Mitgliederversammlung.
Der Verwaltungs-Ausschuss besteht aus mindestens 5 Mitgliedern. An seiner Spitze steht als Vorsitzender der jedesmalige Kurator der Universität Halle, oder sein Stellvertreter. Sollte das Amt eines Kurators jemals fortfallen, so tritt an seine Stelle der jedesmalige Rektor der Universität. Weitere Mitglieder des Verwaltungs-Ausschusses sind stets die ordentlichen Professoren der Philosophie an der Universität Halle, soweit sie nicht ablehnen oder ein anderes Amt der Gesellschaft haben. Die anderen Mitglieder werden für jedes Jahr in der Mitglieder-Versammlung durch einfache Stimmenmehrheit gewählt. Kommt eine Mitgliederversammlung nicht zustande, so gelten die bisherigen Mitglieder des Verwaltungs-Ausschusses als wiedergewählt. Nehmen diese das Amt nicht wieder an, kann der Vorsitzende des Verwaltungs-Ausschusses geeignete Persönlich|keiten zu Mitgliedern des Verwaltungs-Ausschusses bestimmen. Bis dahin kann er auch den Verwaltungs-Ausschuss allein vertreten. Der Verwaltungs-Ausschuss hat auch das Recht, sich über die Zahl 5 hinaus durch weitere geeignete Personen zu ergänzen.
Der Verwaltungs-Ausschuss hat die Ausgaben der Redaktion auf ihre Statutengemässheit hin zu prüfen, sowie die Tätigkeit des Geschäftsführers zu überwachen.
§ 6.
Der Geschäftsführer wird ebenfalls in der Mitglieder-Versammlung gewählt. Kommt eine solche nicht zustande, so gilt der bisherige Geschäftsführer als wiedergewählt. Will er das Amt nicht wieder annehmen, so hat der Vorsitzende des Verwaltungs-Ausschusses das Recht, einer dazu geeigneten Persönlichkeit das Amt bis zur nächsten Mitgliederversammlung zu übertragen.
Der Geschäftsführer hat die Korrespondenz der Gesellschaft zu führen, alle auf diese bezüglichen Schriftstücke aufzubewahren und neue Mitglieder zu werben. Er hat ferner die Kasse der Gesellschaft, abgesehen von dem als Kantstiftung (§ 12) bezeichneten Fonds zu verwalten. Hierfür kann auch ein besonderer Kassenführer von der Mitglieder-Versammlung bestellt werden, der zugleich zum Stellvertreter des Geschäftsführers ernannt werden kann.
§ 7.
Der Vorstand entscheidet ausser über die im § 4 erwähnten Fragen auch über alle sonstigen wichtigen allgemeinen Angelegenheiten der Gesellschaft. Die Vorstandssitzungen werden nach Benehmen mit dem Vorsitzenden des Verwaltungs-Ausschusses durch den Geschäftsführer einberufen. Auch auf Verlangen des | Vorsitzenden des Verwaltungs-Ausschusses oder von mindestens 3 der übrigen Mitglieder des Vorstandes hat der Geschäftsführer eine Sitzung einzuberufen. In diesen Sitzungen führt der Vorsitzende des Verwaltungs-Ausschusses oder sein Stellvertreter den Vorsitz, in deren Behinderung der Geschäftsführer.
Auch zu diesen Sitzungen werden die ortsanwesenden Mitglieder der Redaktion der Zeitschrift mit beratender Stimme eingeladen. Ist keiner der Herausgeber ortsanwesend, so werden Tag und Gegenstand der Sitzung der Redaktion der Zeitschrift vorher rechtzeitig mitgeteilt, damit dieselbe schriftlich über den betreffenden Gegenstand ihre Meinung dem Vorstand mitteilen kann.
Die Beschlüsse erfolgen durch einfache Stimmenmehrheit der Anwesenden. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
Der Vorstand entscheidet insbesondere über alle von der Gesellschaft einzugehenden Verpflichtungen. Darauf bezügliche Schriftstücke, Verträge u. s. w. müssen vom Geschäftsführer und vom Vorsitzenden des Verwaltungs-Ausschusses gemeinsam gezeichnet sein.
§ 8.
Die Mitglieder-Versammlung findet mindestens 1 Mal jährlich am 22. April, dem Geburtstage Kants, statt und zwar, wenn nichts anderes bestimmt wird, Nachmittags 4 Uhr Uhr in den Räumen des Kuratoriums der Universität Halle. Regelmässige Gegenstände dieser Mitglieder-Versammlung sind:
1. Ablegung der Rechnung,
2. Wahl der Mitglieder des Vorstandes.
Aus dringenden Gründen kann der Vorstand diese ordentliche | Mitglieder-Versammlung auf einen anderen Tag verlegen. Kann die Einberufung der Mitgliederversammlung nicht mehr rechtzeitig durch das Vereins-Organ, die Zeitschrift, erfolgen, so sind alle Mitglieder schriftlich einzuladen.
Der Vorstand beruft eine ausserordentliche Mitglieder-Versammlung, wenn eine wichtige bei der Einberufung besonders zu bezeichnende Veranlassung vorliegt.
In allen Fragen entscheidet die einfache Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Den Vorsitz führt der Vorsitzende des Verwaltungs-Ausschusses oder sein Stellvertreter, in deren Behinderung der Geschäftsführer.
Der Mitglieder-Versammlung wird die vom Verwaltungs-Ausschuss revidierte Übersicht der Einnahmen und Ausgaben zur Entlastung vorgelegt. Dieselbe hat ferner die Wahl der wechselnden Mitglieder des Verwaltungs-Ausschusses sowie des Geschäftsführers und seines Stellvertreters (des Kassenführers) vorzunehmen. Aenderungen der Satzungen kann die Mitglieder-Versammlung nur vornehmen, insofern dadurch die in § 1 und § 2 niedergelegten Grundbestimmungen der Gesellschaft nicht berührt werden. Unabänderlich sind ferner die im § 12 und 13 enthaltenen Bestimmungen über den als Kantstiftung bezeichneten Fonds.
Die Protokolle der Mitglieder-Versammlung werden durch die Vorstandsmitglieder, soweit dieselben an der Versammlung teilgenommen, haben unterzeichnet.
§ 9.
Mitglied der Gesellschaft kann jeder Freund der Kantischen Philosophie werden. Auch Korporationen, Bibliotheken u. s. w. können die Mitgliedschaft erwerben. Die Aufnahme vollzieht | der Geschäftsführer; in fraglichen Fällen entscheidet der Vorstand über die Aufnahme. Die Mitglieder sind teils Jahres-Mitglieder, teils Dauer-Mitglieder. Beide Formen des Beitritts sind vereinbar.
Jahres-Mitglieder zahlen einen regelmäßigen jährlichen Beitrag, der bis auf weiteres auf 20 Mark festgesetzt ist. Die Jahres-Mitglieder erhalten die Zeitschrift unentgeltlich und portofrei zugesendet. Die Namen der Jahres-Mitglieder werden in einer gemeinsamen Liste alljährlich in der Zeitschrift veröffentlicht. Ist der Jahresbeitrag bis zum 1. Februar nicht bezahlt, so wird der Säumige schriftlich vom Geschäftsführer gemahnt. Ist dies erfolglos, erfolgt die Einziehung des Beitrages durch Postnachnahme. Der Austritt aus der Gesellschaft ist dem Geschäftsführer schriftlich bis zum 1. November mitzuteilen, anderenfalls ist der folgende Jahresbeitrag noch zu entrichten.
§ 11.
Dauer-Mitglieder sind solche, welche an die Gesellschaft einen einmaligen Beitrag von mindestens 25 Mark zahlen. Wenn der einmalige Beitrag mindestens 400 Mark beträgt, so erhält der Spender die Zeitschrift auf Lebenszeit unentgeltlich und portofrei zugesendet.
Einmalige Beiträge unter 25 Mark werden als Geschenke betrachtet, die kein Stimmrecht in der Mitglieder-Versammlung gewähren, doch können solche Spender als ausserordentliche Mitglieder an allen Mitglieder-Versammlungen sowie an etwaigen anderen Veranstaltungen der Gesellschaft teilnehmen. Die Namen | der Spender einmaliger Beiträge werden mit Angabe der Summe gleichfalls in der Zeitschrift veröffentlicht.
§ 12.
Die in § 11 erwähnten einmaligen Beiträge werden zu einem Fonds vereinigt, welcher die Bezeichnung „Kantstiftung“ erhält und mündelsicher angelegt wird. Die Kantgesellschaft kann nur über die Zinsen verfügen. Das Kapital selbst nebst etwa späterem Zuwachs desselben ist unangreifbar, wird der Universität Halle als Eigentum überwiesen und untersteht der Verwaltung des Universitäts-Kurators oder desjenigen, der nach § 5 an seine Stelle tritt. Die Zinsen stellt derselbe dem Geschäftsführer zur Verfügung. Ueber die Verwendung derselben siehe § 3 und § 4.
§ 13.
Wenn sich die Kantgesellschaft auflöst, so fallen ihre sämtlichen verfügbaren Mittel der Kantstiftung (§ 12) anheim.
Die Universität Halle kann von da an über die Zinsen der Stiftung nach folgenden Bestimmungen verfügen:
a. Besteht die von der Kantgesellschaft bis dahin unterstützte Zeitschrift noch fort, und ist sie der Unterstützung noch würdig, so finden die Zinsen zu den in § 1 Abs[atz] a und in § 2 genannten Zwecken in erster Linie Verwendung.
b. Trifft diese Voraussetzung nicht zu, so werden die Zinsen ausschliesslich zu den in § 1 Abs[atz] b genannten Zwecken verwendet und zwar ohne Beschränkung auf Angehörige der Universität Halle.
c. Ist zeitweise eine satzungsgemässe Verwendung der Zinsen oder eines Teiles derselben nicht angezeigt, so werden die Zin|sen zum Kapital geschlagen.
d. Der Senat ernennt aus Angehörigen der Universität eine mindestens dreigliedrige Kommission, welche über die Verwendung der Zinsen beschliesst.
c. Die Verwendung der Zinsen bedarf der Bestätigung des Universitäts-Kurators oder desjenigen, der nach § 5 an seine Stelle tritt.
Halle a/S., den 22. April 1904
Meyer Geh. Reg. Rat Universitäts-Kurator
Gerhard.[2]
Medicus
Schraube[3]
Richter[4]
Bruno Bauch.
F. Kuberka.[5]
Vaihinger[c]
Kommentar zum Textbefund
a↑Satzungen ] am Kopf der S. von Vaihingers Hd. mit schwarzer Tinte: Urschrift; ganze S. von links oben bis rechts unten mit Bleistift durchgestrichen, am Kopf der S. von anderer Hd.: neue siehe vorn.c↑Vaihinger ] darunter von anderer Hd.: Die Eintragung des Vereins ist unter No 74 des Vereinsregisters erfolgt, was hiermit bescheinigt wird. / Halle a/S., den 30. Januar 1905 / [Stempel] / Königliches Amtsgericht, Abtl. 19 / HoffmannKommentar der Herausgeber
2↑Gerhard. ] Karl Gerhard (1847–1921), 1899–1920 Direktor der Universitätsbibliothek Halle (https://sundoc.bibliothek.uni-halle.de/nachlaesse/gerhard.htm (30.9.2024)), Gründungsmitglied der Kantgesellschaft.4↑Richter ] Raoul Richter (1871–1912), Privatdozent in Leipzig (1905 Professor), Gründungsmitglied der Kantgesellschaft.5↑F. Kuberka. ] d. i. Felix Kuberka (geb. 1811), Gründungsmitglied der Kantgesellschaft. Dissertation Halle 1905: Kants Lehre von der Sinnlichkeit (KVK).▲